Die Nennung des geschützten Namens von Musikfestivals im Rahmen der Gewinnspielwerbung stellt weder eine Markenverletzung dar noch ist sie wettbewerbswidrig

LG Frankfurt 10. Kammer für Handelssachen, vom 05.07.2013 zu 3/10 O 42/13

Normen: § 5 Abs 1 S 2 Nr 4 UWG, § 14 MarkenG, § 23 Nr 2 MarkenG

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem von der Beklagten veranstalteten Gewinnspiel.

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Die Klägerinnen sind Konzertveranstalterinnen. Die streitgegenständlichen Festivals „X“, „Y“, „A“ und „B“ werden kommerziell durch die Klägerinnen verwertet, insbesondere werden regelmäßig mit verschiedenen nationalen und internationalen Unternehmen Sponsoringverträge abgeschlossen.

3
Die Klägerin zu 1) ist seit dem 04.10.1993 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) mit einer Wortmarke für die Bezeichnung „ X“ in den Waren – bzw. Dienstleistungsklassen 41 und 9 (vgl. Klageschrift Bl. 10 d. A.) und mit einer Wort-Bildmarke in Bezug auf die Bezeichnung „Y“ eingetragen. Für die Bezeichnung „Y“ ist beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) außerdem eine Wortmarke zu Gunsten der Y1 GmbH registriert (vgl. Bl. 10 d. A.). Die Y1 GmbH ist bezüglich der Veranstaltung „Y“ die örtliche Kooperationspartnerin der Klägerin zu 1), derer sich diese zur Durchführung des Festivals bedient.

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Die Klägerin zu 2) ist seit dem 03.11.1997 beim DPMA mit einer Wort-/Bildmarke für die Bezeichnung „A“ in den Waren- bzw. Dienstleistungsklassen 41 und 35 registriert. Seit dem 27.10.2000 ist sie auch mit einer Wort-/Bildmarke für die Bezeichnung „B“ in den Waren- bzw. Dienstleistungsklassen 41, 25 und 35 registriert (vgl. Klageschrift Bl. 10, 11 d. A.).

5
Die Beklagte ist ein international operierendes Unternehmen aus dem Nahrungsmittelbereich, welche 2012 für ihr Produkt „C“ im Internet unter www. … .com mit dem Slogan „D“ unter Benennung der streitgegenständlichen Festivals warb und Tickets, unter anderem für die Festivals, aber auch für andere Konzertveranstaltungen, auslobte. Wegen der Einzelheiten der Werbung wird auf die Ablichtungen Anlage K1 (Bl. 26 d.A.) und Bl. 53f. und 144 d.A. Bezug genommen. Bezüglich Werbung und Auslobung der Tickets bestand keine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien. Die Tickets für die streitgegenständlichen Festivals erwarb die Beklagte im Internet bei dem Eintrittskartenvertrieb Z. Die Datenschutzerklärung von Z enthielt keine Hinweise oder Beschränkungen bezüglich einer Weitergabe der Tickets. Bei den Tickets handelt es sich um einfache Inhaberpapiere, die nicht für eine bestimmte Person ausgestellt sind.

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Durch anwaltliches Schreiben vom 19.09.2012 (Anlage B 1, Bl. 73ff. d.A.) mahnten die Klägerinnen die Beklagte ab und forderten sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Mit Schreiben vom 28.09.2012 verweigerte die Beklagte die Abgabe der Erklärung.

7
Die Klägerinnen erwirkten vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Az: 2-06 O 505/12) eine einstweilige Unterlassungsverfügung gegen die Beklagte, durch die der Beklagten unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel die streitgegenständliche Werbung untersagt wurde.

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Die Klägerinnen, die ihren Anspruch in erster Linie auf Wettbewerbsrecht und hilfsweise auf markenrechtliche Ansprüche stützen, behaupten, sie seien Veranstalterinnen der streitgegenständlichen Festivals. Die Festivals hätten eine besondere Bekanntheit, die ihnen eine sehr erfolgreiche Verwertung ermögliche; so würden Unternehmen teilweise erhebliche Beträge zahlen, um die Bezeichnungen kommerziell nutzen zu dürfen. Die Werbung der Beklagten erwecke beim Verbraucher die Vorstellung, die Beklagte sei Vertragspartnerin der Klägerinnen bezüglich der Festivals. Dieser Eindruck werde durch die ausdrückliche Nennung der H für die anderen Gewinne in der streitgegenständlichen Werbung verstärkt. Der Hinweis auf eine Kooperation der Beklagten mit der H täusche über ein etwaiges Kooperationsverhältnis der Beklagten mit den Klägerinnen. Weiterhin lehne sich die Beklagte mit ihrer Werbung an die Klägerinnen bzw. die von ihnen veranstalteten Festivals an. Die Tickets für die streitgegenständlichen Veranstaltungen würden von der Beklagten als Hauptgewinn ausgelobt. Die Beklagte wolle den guten Ruf der Klägerinnen für sich nutzen, da die streitgegenständlichen Festivals deutlich attraktiver seien als die anderen zu gewinnenden Veranstaltungen. Auch der Umstand, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Festivals in ihrer Werbung optisch hervorhebe, zeige, dass durch ihre Werbung die Zielgruppe angesprochen werden sollten, die auch durch die Festivals angesprochen werde.

9
Die Klägerinnen sind der Ansicht, sie seien auf Grund der Registrierung beim Deutschen Patent- und Markenamt Inhaberinnen der Marken bezüglich der streitgegenständlichen Festivals bzw. jedenfalls berechtigt, Dritten gegenüber markenrechtliche Ansprüche aus der Kooperation mit der Y1 GmbH geltend zu machen. Sie könnten neben dem Unterlassungsanspruch einen Auskunftsanspruch zur genauen Bezifferung ihres Schadens sowie ein Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 30.000 Euro verlangen, da dieser Betrag den Klägerinnen nach den Üblichkeiten der Werbebranche für die Nutzung dieser Bezeichnungen zustehe.

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Die Klägerinnen beantragen,

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die Beklagte zu verurteilen,

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1. es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 Euro und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer der Beklagten, ab sofort zu unterlassen, im Rahmen einer geschäftlichen Handlung die Bezeichnungen „X“, „Y“, „A“ und „B“ ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung der Klägerinnen zu Zwecken der Werbung für das Produkt „C“, wie in der Anlage K1 wiedergegeben, zu verwenden.

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2. den Klägerinnen Auskunft zu erteilen, über welchen Zeitraum in welchem Umfang und in welchen Medien sie die in Anlage K1 wiedergegebene Werbung für das Produkt „C“ verbreitet hat bzw. durch Dritte hat verbreiten lassen.

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3. den Klägerinnen nach Erteilung der Auskunft gemäß Ziffer 2) einen angemessenen Schadensersatz in Höhe von mindestens 30.000,00 Euro zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte ist der Ansicht, die Ansprüche bestünden nicht. Zum einen fehle es an einer markenmäßigen Verwendung der Bezeichnungen, deren Schutz die Klägerinnen zudem nicht geltend machen könnten. Zum anderen täusche die Beklagte weder über eine Zusammenarbeit mit den Klägerinnen noch nutze sie deren Ruf in unlauterer Weise aus. Der Verbraucher mache sich regelmäßig überhaupt keine Gedanken über das Bestehen einer Geschäftsverbindung, da dies für ihn im Rahmen eines Gewinnspiels von keinerlei Interesse sei. Die Festivals würden auch nicht als Hauptgewinne ausgelobt, vielmehr würden die Festivalbezeichnungen lediglich in die weiteren Werbetexte, einschließlich der Hinweise auf andere zu gewinnende Preise, verstanden.

18
Ebenso wenig würden die Tickets besonders hervorgehoben oder optisch in den Mittelpunkt gestellt, da keine Logos und Bildzeichen der Festivals verwandt würden und die Bezeichnungen deutlich kleiner abgebildet seien als die Marken der Beklagten bzw. der Werbeslogan „D“. Schließlich werde mit dem Hinweis auf die Kooperation mit der H ausgesagt, dass gerade keine Kooperation mit den Klägerinnen bestehe. Der Verbraucher könne erkennen, dass die Kooperation nur diejenigen Veranstaltungen betreffe, an denen die H Rechte vermitteln könne.

19
Auf Antrag der Beklagten wurde der Rechtsstreit durch Beschluss vom 22.03.2013 von der zunächst angerufenen Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen verwiesen.

20
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die zu der Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden, verwiesen.

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Entscheidungsgründe
21
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Den Klägerinnen stehen keine Ansprüche auf Unterlassung und damit zusammenhängendem Schadensersatz zu. In der Folge bestehen auch keine Ansprüche auf Auskunft über den Umfang der beanstandeten Werbung.

22
Die Klägerinnen können sich zunächst nicht auf wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG stützen, da – das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den Parteien unterstellt – es an einer im Sinne von § 3 UWG unlauteren Handlung fehlt.

23
Eine Täuschung über eine – vermeintliche – Stellung als Sponsor der genannten Festivals (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 UWG) liegt nicht vor, da die Beklagte aus Sicht der mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreise nicht den Eindruck erweckt hat, das Gewinnspiel werde durch den Veranstalter der Festivals bzw. eine mit diesem vertraglich verbundene Person durchgeführt. Die Beklagte hat nur den – schon nach dem Vortrag der Klägerinnen allgemein bekannten und vielfach verwendeten – Namen der Veranstaltungen genannt und Tickets für diese Veranstaltungen als Preis ausgelobt; eine Werbung „mit“ dem jeweiligen Festival liegt darin nicht. Die Werbung enthält auch keine Aussagen oder Gestaltungsmerkmale, die auf eine Stellung der Beklagten als Sponsor hindeuten. Sie hat insbesondere kein Logo der Veranstaltungen oder ein anderes besonderes werbliches Kennzeichen genutzt, das für eine Sponsorentätigkeit sprechen würden, sondern durch die Auslobung lediglich auf die Existenz der Veranstaltungen Bezug genommen (vgl. zu einem ähnlichen Fall LG Stuttgart, Urteil vom 04.05.2012, 30 O 26/12 KfH, GRUR-RR 2012, 358). Die Beklagte hat zudem nur das Ticket als solches als Gewinn in Aussicht gestellt, nicht aber – was wiederum für eine Sponsorenstellung gesprochen hätte – eine besondere VIP-Behandlung bzw. eine besondere Wertigkeit des Tickets (vgl. dazu LG Stuttgart, Urteil vom 19.01.2012, 35 O 95/11 KfH, beckRS 2012, 12338).

24
Ein anderes Ergebnis folgt – entgegen der Ansicht der Klägerinnen – nicht aus dem Hinweis auf eine Kooperation mit der … da der Leser der Werbung insoweit nur entnehmen kann, dass mit der … eine vertragliche Beziehung bestand. Anhaltspunkte dafür, dass der Adressat daraus den Schluss zieht, dass dies auch für alle anderen Veranstalter der ausgelobten Tickets gilt, bestehen nicht. Stattdessen verdeutlicht gerade der Umstand, dass nur eine Kooperation mit der … angegeben ist, dass mit anderen Agenturen keine Verbindung besteht.

25
Den Klägerinnen können sich nicht auf die hilfsweise geltend gemachten markenrechtliche Unterlassungsansprüche aus §§ 14, 15 MarkenG berufen. Dabei kann sowohl offen bleiben, inwieweit die Klägerinnen Inhaberinnen der streitgegenständlichen Marken bzw. zur Ausübung der Rechte befugt sind, als auch, ob die Nennung der Festivals eine markenmäßige Nutzung – etwa wegen einer Beeinträchtigung der Investitions- oder Werbefunktion durch Ausnutzung der Wertschätzung der Marke – bedeutet (vgl. dazu BGH, Urteil vom 14.04.2011, I ZR 33/10 – Große Inspektion für alle, zitiert nach Juris Tz. 11, 13, 15; zur markenmäßigen Nutzung im Rahmen eines Gewinnspiels vgl. auch BGH, Urteil vom 03.11.2005, I ZR 29/03 – Gewinnfahrzeug mit Fahrzeugemblem, zitiert nach Juris Tz. 23) und ob durch den Verkauf der Tickets ohne Beschränkung Erschöpfung gemäß § 24 MarkenG eingetreten ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 03.11.2005, I ZR 29/03 – Gewinnfahrzeug mit Fahrzeugemblem, zitiert nach Juris Tz. 24).

26
Die Benutzung wäre nämlich jedenfalls als beschreibende Benutzung nach § 23 Nr. 2 MarkenG zulässig, weil die Art der Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Die Beklagte erwarb Eintrittskarten für die streitgegenständlichen Festivals und lobte diese als Preise für die Teilnehmer des Gewinnspiels aus. Für diesen Verwendungszweck muss sie im Grundsatz auch in der Lage sein, die Bezeichnungen der Festivals zu nennen. Wesentliches Merkmal des Gewinnspiels ist nämlich, dass Teilnehmer als Preise Tickets für die Festivals gewinnen können.

27
Die Nutzung der Marke in der streitgegenständlichen Art und Weise verstößt auch nicht gegen die guten Sitten im Sinne des § 23 letzter Halbsatz MarkenG. Der Benutzer hat insoweit alles zu unterlassen, was den berechtigten Interessen des Markeninhabers zuwiderläuft. Ob Unlauterkeit vorliegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 12. Aufl. 2013, § 23 Rdn. 81 m.w.N.). Im Hinblick darauf ist vorliegend auf Grundlage der Werbung und der Begleitumstände kein Sittenverstoß festzustellen, weil die Art und Weise, wie die Festivals aufgeführt werden, rein beschreibend ist. Eine bloße Benutzung der Bezeichnungen genügt für die Annahme der Unlauterkeit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juni 2008, I ZR 108/05 – Post I, zitiert nach Juris Tz. 23). Weder sind Aspekte vorgetragen, die eine Unlauterkeit begründen könnten, noch ergibt sich eine Beeinträchtigung berechtigter Interessen der Klägerinnen aus den Umständen. Stattdessen hat die Beklagte die streitgegenständlichen Marken in einer minimalistischen Art und Weise als Hinweis auf die ausgelobten Gewinne benannt. Die Namen der Festivals werden in der Werbung aufgeführt, ohne dass dadurch eine darüber hinaus gehende werbliche Nutzung bzw. Abgrenzung zu anderen Waren oder Dienstleistungen (dazu BGH, Urteil vom 22. Januar 2009, I ZR 139/07 – pcb, GRUR 2009, 502, 504) erfolgte. Die Beklagte hat weder Wort-Bildmarken benutzt noch wird die Bezeichnung der Festivals durch Größe oder Schrifttype besonders herausgestellt. In der Folge besteht – wie bereits im Zusammenhang mit § 5 UWG ausgeführt – auch nicht die Gefahr einer Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise darüber, dass zwischen dem Markeninhaber bzw. Festivalveranstalter und der Beklagten eine unmittelbare geschäftliche Beziehung besteht, da der Verkehr regelmäßig davon ausgeht, dass in einem solchen Fall eine deutlich herausgehobene Darstellung der Marke selbst erfolgt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. November 2009, I ZR 183/07 – WM-Marken, NJW-RR 2010, 851, 853).

28
Scheiden Unterlassungsansprüche der Klägerinnen aus, fehlt es auch an der für Schadensersatz- bzw. diese vorbereitende Auskunftsansprüche erforderlichen rechtswidrigen Handlung.

29
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

30
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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