1. Chemische Pflanzenschutzmittel, die auf einem Grundstück versprüht werden und dann durch den Wind oder ähnliche Ursachen auf das Nachbargrundstück gelangen, sind jedenfalls dann Einwirkungen i.S.d. § 906 BGB, wenn es sich um eine Konzentration handelt, die die Nutzung eines Nachbargrundstücks für einen an nachvollziehbaren Kriterien ausgerichteten ökologischen Landbau beeinträchtigt.

2. Die Annahme eines Anscheinsbeweises, dass ein auf einem Grundstück ausgebrachtes Herbizid auf ein Nachbargrundstück einwirkt, kann in Betracht kommen, wenn beim Ausbringen des Herbizids gegen die gute fachliche Praxis verstoßen worden ist und nicht ebenso ein Dritter als Verursacher in Betracht kommt.

Oberlandesgericht Hamm 24 U 74/16 vom 18.11.2021 – Pflanzenschutzmittel

1.

Chemische Pflanzenschutzmittel, die auf einem Grundstück versprüht werden und dann durch den Wind oder ähnliche Ursachen auf das Nachbargrundstück gelangen, sind jedenfalls dann Einwirkungen i.S.d. § 906 BGB, wenn es sich um eine Konzentration handelt, die die Nutzung eines Nachbargrundstücks für einen an nachvollziehbaren Kriterien ausgerichteten ökologischen Landbau beeinträchtigt.
2.

Die Annahme eines Anscheinsbeweises, dass ein auf einem Grundstück ausgebrachtes Herbizid auf ein Nachbargrundstück einwirkt, kann in Betracht kommen, wenn beim Ausbringen des Herbizids gegen die gute fachliche Praxis verstoßen worden ist und nicht ebenso ein Dritter als Verursacher in Betracht kommt.

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 14.03.2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn abgeändert.

Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 40.239,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 24.000,00 € seit dem 07.12.2013 und aus weiteren 16.239,45 € seit dem 17.12.2014, weitere 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2014 und weitere 1.120,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2014 zu zahlen.

Der Beklagte zu 3) wird verurteilt, an den Kläger 10.071,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2014, weitere 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2014 und weitere 1.120,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.12.2014 zu zahlen.

Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten erster Instanz tragen der Kläger 57 %, der Beklagte zu 1) 34 % und der Beklagte zu 3) 9 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers erster Instanz haben der Beklagte zu 1) 52 % und der Beklagte zu 3) 15 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 4) erster Instanz trägt der Kläger voll. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) erster Instanz trägt der Kläger zu 70%. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten erster Instanz trägt jede Partei selbst.

Von den Gerichtskosten zweiter Instanz tragen der Kläger 36 %, der Beklagte zu 1) 51 % und der Beklagte zu 3) 13 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zweiter Instanz haben der Beklagte zu 1) 55 % und der Beklagte zu 3) 16 % zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) zweiter Instanz trägt der Kläger voll. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3) zweiter Instanz trägt der Kläger zu 4 %. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten zweiter Instanz trägt jede Partei selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger und die Beklagten zu 1), 2) und 3) können die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

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G r ü n d e :
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I.
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Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen auf das angefochtene, am 14.03.2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn.
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Der Kläger macht – soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse – nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche wegen einer angeblichen Abdrift von Pflanzenschutzmitteln von den landwirtschaftlichen Flächen der Beklagten zu 1) bis 3) auf Bio-Anbauflächen des Klägers geltend.
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Der Kläger betrieb und betreibt als selbstständiger Landwirt im Bereich der Gemeinde A einen landwirtschaftlichen Hof, den er unter Einhaltung der EG-Ökoverordnung (VO EG Nr. 834/2007) sowie der Gäa-Verwaltungsrichtlinien führte. Zu seinem Betrieb zählten Anbauflächen, die jeweils an Flächen grenzen, die von den Beklagten als Landwirten konventionell bewirtschaftet wurden.
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Der Beklagte zu 1) brachte am 14.10.2013 das Pflanzenschutzmittel Malibu, in dem der Wirkstoff Pendimethalin enthalten war, auf seinem Feld B, auf dem er Wintergerste angebaut hatte, aus. Das Feld B befindet sich östlich in der Nähe des Feldes des Klägers C (G01). Der Kläger baute auf seinem Feld Staudensellerie an.
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Der Beklagte zu 2) brachte im Oktober 2013 das Pflanzenschutzmittel Malibu auf seinem Feld D-Str. aus. Neben diesem Feld liegt östlich gelegen das Feld des Klägers E (G02). Der Abstand beträgt 1 m bis 8 m. Der Beklagte zu 2) baute seinerzeit auf seiner Fläche Wintergerste an, während der Kläger auf seinem Feld Blumenkohl und Wirsing anbaute.
8

Der Beklagte zu 3) brachte am 18.10.2013 die Pflanzenschutzmittel Malibu und Arelon auf dem Feld H aus. Das Feld G des Klägers (G03), auf dem der Kläger Staudensellerie anbaute, liegt östlich dieser Fläche, auf der der Beklagte zu 3) Wintergerste anbaute. Der Abstand zum Feld G beträgt ca. 15 m und der Abstand zur Hofstelle des Klägers ca. 50 m.
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Eine weitere Fläche des Klägers, I, liegt westlich neben dem Feld des Beklagten zu 3), J. Dort baute der Beklagte zu 3) ebenfalls Wintergerste an und brachte am 09.10.2013 die Pflanzenschutzmittel Malibu und Arelon aus. Der Abstand zur Fläche des Klägers beträgt zwischen 0 und 5 m. Der Bereich I ist nicht mehr Gegenstand der Berufung.
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Der Beklagte zu 4) brachte am 22.10.2013 bzw. am 30.09./01.10.2013 das Pflanzenschutzmittel Malibu auf der Fläche R aus, die sich in Nähe des Feldes des Klägers K befand.
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Ende Oktober 2013 wurden bei einer Probe im Rahmen einer freiwilligen Selbstkontrolle des Klägers durch seinen Abnehmer M GmbH & Co. KG auf dem vom Kläger erzeugten Staudensellerie Rückstände des Wirkstoffs Pendimethalin festgestellt. Die kontrollierte Lieferung hatte der Kläger zuvor am 26.10.2013 auf dem Feld C geerntet und an die M GmbH & Co. KG geliefert. Die Probe entnahm die M GmbH & Co. KG in ihrem Lager in L am 28.10.2013. Ausweislich des Prüfberichts vom 29.10.2013, auf dessen Inhalt (Anlage K1) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, ergab sich ein Gehalt an Pendimethalin von 0,011 mg/kg, was den zulässigen Höchstwert von 0,01 mg/kg überschritt. Die M GmbH & Co. KG teilte dem Kläger mit E-Mail vom 29.10.2013 (Anlage K2) mit, dass die Erzeugnisse nicht nach der Bioverordnung verkehrsfähig seien und der Befund meldepflichtig bei der Ökokontrollstelle sei.
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Der Kläger nahm daraufhin am 29.10.2013 und am 31.10.2013 weitere Pflanzenproben von seinen Flächen und ließ sie über die M GmbH & Co. KG bei der Landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalt NRW der Landwirtschaftskammer NRW (im Folgenden: LUFA) untersuchen. Nach dem weiteren Prüfbericht vom 30.10.2013, Prüfberichts-Nr. 13-067584 (Anlage K 12) ergab sich für den auf dem Feld C angebauten Staudensellerie ein Gehalt an Prosulfocarb von 0,033 mg/kg. Nach dem Prüfbericht vom 04.11.2013, Prüfberichts-Nr. 13-068093, (Anlage K6) ergab sich für den auf dem Feld E angebauten „Wirsingkohl“ ein Gehalt an Pendimethalin von 0,017 mg/kg. Ausweislich des weiteren Prüfberichts vom 04.11.2013, Prüfberichts-Nr. 13-068092 (Anlage K12) ergab sich für den auf dem Feld G angebauten Staudensellerie ein Gehalt an Pendimethalin von 0,019 mg/kg. Nach dem Prüfbericht vom 04.11.2013, Prüfberichts-Nr. 13-068087 (Anlage K 12) ergab sich für den auf dem Feld Q angebauten Grünkohl ein Gehalt an Pendimethalin von 0,044 mg/kg. Für den auf dem Feld „K2“ bzw. „K“ (im Folgenden: K) angebauten Grünkohl ergab sich nach dem weiteren Prüfbericht vom 04.11.2013, Prüfberichts-Nr. 13-068086 (Anlage K 12) ein Gehalt an Pendimethalin von 0,038 mg/kg und nach dem Prüfbericht vom 30.10.2013, Prüfberichts-Nr. 13-06589 (Anlage K 12) ein Gehalt an Pendimethalin von 0,020 mg/kg.
13

Die IMO GmbH teilte dem Kläger mit Schreiben vom 09.12.2013 (Anlage K 13) mit, dass am 30.10.2013 ein Rückstandsfund von Pendimethalin zunächst in Staudensellerie und später in Grünkohl gemeldet worden sei; am 30.11.2013 sei eine Stichprobenentnahme mit Probeentnahme durchgeführt worden. Es habe sich dabei das Ergebnis ergeben, dass keine Abweichungen gegenüber den Anforderungen der EG-Öko-Verordnung festgestellt worden seien.
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Ausweislich der Rechnung der IMO GmbH vom 09.12.2013, Rechnungs-Nr. 013/104023, auf deren näheren Inhalt (Anlage K 10) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, zahlte der Kläger für Arbeitsstunden und Inspektionsstunden zur Aufklärung der Rückstände an Staudensellerie und Grünkohl insgesamt 3.687,81 € brutto. Nach der Rechnung der IMO GmbH vom 14.02.2014 (Anlage K 10) zahlte der Kläger zur Abklärung eines Befundes von Terbutylazin und DDT in Bodenproben weitere 60,69 € brutto. Ausweislich der Rechnung der N GmbH vom 03.02.2014 (Anlage K 10) zahlte der Kläger für 16 Analysen des LUFA 1.915,30 € brutto. Die O Marktgenossenschaft stellte dem Kläger mit Rechnung vom 30.11.2013 (Anlage K 10) wegen „Verluste aus Schadensfällen“ einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € in Rechnung.
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Der Kläger wandte sich daraufhin an die Beklagten und weitere Landwirte, die benachbarte Flächen bewirtschafteten, und bat sie darum, Auskunft über die von ihnen benutzten Pflanzenschutzmittel und die Zeiten, an denen diese ausgebracht wurden, zu erteilen. Zu diesem Zweck legte er den Beklagten und Landwirten einen Fragebogen vor. Die Beklagten erteilten Auskunft durch Ausfüllen des Fragebogens, während andere Landwirte der Aufforderung nicht nachkamen.
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Der Beklagte zu 1) teilte mit Auskunft vom 06.11.2013 (Anlage K3) mit, er habe am 14.10.2013 um 19:00 Uhr das Pflanzenschutzmittel Malibu auf seinem Feld B eingesetzt. Der Beklagte zu 2) teilte mit Auskunft vom 06.11.2013 (Anlage K7) mit, dass er am „?.10.2013“ das Pflanzenschutzmittel Malibu auf seinem Feld D-Str. ausgebracht habe. Der Beklagte zu 3) teilte mit Auskunft vom 02.11.2013 (Anlage K9) mit, dass er am 18.10.2013 die Pflanzenschutzmittel Malibu und Arelon ausgebracht habe.
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Der Kläger forderte den Beklagten zu 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 (Anlage K4) unter Fristsetzung zum 06.12.2013 erfolglos zur Zahlung eines Abschlags auf den ihm vermeintlich entstandenen Schaden in Höhe von 24.000,00 € auf. Der Kläger forderte den Beklagten zu 2) mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 (Anlage K8) unter Fristsetzung bis zum 06.12.2013 erfolglos zur Zahlung eines Abschlags auf den ihm vermeintlich entstandenen Schaden in Höhe von 17.000,00 € auf.
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Der Kläger leitete jeweils mit Antragsschrift vom 19.11.2013 auch gegen die Beklagten zu 3) und 4) ein selbständiges Beweisverfahren vor dem Landgericht Paderborn ein, die das Landgericht Paderborn mit Beschluss vom 05.12.2013 zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens 4 OH 22/13 verband. Der Sachverständige P erstattete zur Frage der Ursache der Pendimethalin- Belastung und der Höhe des jeweils klägerseits erlittenen Schadens jeweils ein Gutachten vom 04.06.2014.
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Der Kläger hat behauptet, er habe die Erzeugnisse der streitgegenständlichen Felder nicht mehr als Biowaren vermarkten und auch sonst nicht mehr verwerten können. Ursächlich hierfür sei, dass die Beklagten den Wirkstoff Pendimethalin auf den benachbarten Feldern eingesetzt hätten und es infolge von Abdrift dazu gekommen sei, dass dieser Wirkstoff sich auf seinen jeweiligen Feldern abgesetzt habe. Er, der Kläger, betreibe seit 1989 einen ökologischen landwirtschaftlichen Betrieb und werde regelmäßig durch die von ihm beauftragte Kontrollstelle kontrolliert. Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln durch ihn selbst sei deshalb ausgeschlossen. Das ergebe sich auch aus der zwar vorhandenen, jedoch relativ geringen Belastung seiner Flächen.
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Der Schaden hätte durch die Verwendung geeigneter abdriftmindernder Düsen durch die Beklagten vermieden werden können, die von ihnen jedoch nicht eingesetzt worden seien. Dies ergebe sich daraus, dass die von den Beklagten vorgelegten Kontrollberichte über die von ihnen eingesetzten Spritzgeräte keine Angaben zur Einhaltung der Abdrift-Minderungsklassen enthielten. Eine Abdrift von den Flächen der Beklagten hätte bei Anwendung der gebotenen Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere geeigneter Düsen und dem Einsatz nur bei Windstille, vermieden werden können. Die Ursächlichkeit der Spritzmaßnahmen der Beklagten ergebe sich daraus, dass der Sachverständige P im selbstständigen Beweisverfahren selbst Proben von den belasteten Pflanzen und Böden auf seinen Feldern genommen und dabei festgestellt habe, dass die Schadstoffkonzentration abnehme, je weiter entfernt der Sachverständige von den Feldern der Beklagten gemessen habe. Hinsichtlich der Beklagten zu 3) und 4) sei ferner zu berücksichtigen, dass nicht nur die herrschende Windrichtung, sondern auch die Thermik zur Abdrift beigetragen habe, weil am 09.10.2013 und in den folgenden Tagen frühlingshafte klimatische Verhältnisse geherrscht hätten.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagten zu 1) bis 4) aufgrund der vom Sachverständigen P festgestellten Abdrift von ihren Grundstücken schadensersatzpflichtig bzw. ausgleichspflichtig seien. Ein Ausgleichsanspruch ergebe sich aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Ferner hafteten die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Organisationspflichten sowie gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 PflSchG.
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Hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Schadens sei auf die vom Sachverständigen P in seinen jeweiligen Gutachten errechneten Beträge zu verweisen, allerdings mit dem Unterschied, dass hinsichtlich des gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) geltend gemachten Schadens er, der Kläger, entgegen der Annahme des Sachverständigen im Folgejahr nicht Sommerdinkel, sondern nur die Ackerbohne habe anbauen können. Es habe nach der Sortenliste des Bundessortenamtes kein zertifizierter Sommerdinkel zur Verfügung gestanden. Deshalb habe er auf die Ackerbohne zurückgreifen müssen. Dadurch sei ein höherer Folgeschaden entstanden als der Sachverständige in seinen Gutachten errechnet habe.
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Der Beklagte zu 1) sei ihm daher zur Zahlung von 40.264,45 € verpflichtet. Der Vermarktungsschaden betrage 35.257,95 €. Wegen des Umstandes, dass er lediglich die Ackerbohne statt des Winterdinkels habe anbauen können, sei ihm ein weiterer Schaden in Höhe von 4.981,50 € entstanden. Zuzüglich einer Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € ergebe sich damit der Gesamtschaden in Höhe von 40.264,45 €.
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Der Beklagte zu 2) sei ihm zur Zahlung von 21.541,99 € verpflichtet. Der Vermarktungsschaden betrage 17.780,87 €. Weil er lediglich eine Sommerfrucht statt Winterdinkel habe anbauen können, sei ihm ein weiterer Schaden in Höhe von 3.736,12 € entstanden. Zuzüglich der Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € ergebe sich ein Gesamtschaden in Höhe von 21.541,99 €.
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Der Beklagte zu 3) müsse ihm – soweit für die Berufungsinstanz noch von Interesse – einen Gesamtschaden in Höhe von 10.218,22 € ersetzen. Der Vermarktungsschaden betrage 8.937,89 €. Wegen des Umstandes, dass er lediglich die Ackerbohne statt des Winterdinkels habe anbauen können, sei ihm ein weiterer Schaden in Höhe von 1.618,89 € entstanden. Zuzüglich der Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € ergebe sich damit der Schadensbetrag in Höhe von 10.581,78 €.
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Überdies müssten ihm die Beklagten Analysekosten in Höhe von insgesamt 6.663,80 € ersetzen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn 40.264,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn 21.541,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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3. den Beklagten zu 3) zu verurteilen, an ihn 37.472,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 05.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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4. die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 6.663,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
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5. den Beklagten zu 4) zu verurteilen, an ihn 16.175,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 808,13 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen
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Die Beklagten haben behauptet, in technischer Hinsicht mit zugelassenem Gerät gearbeitet zu haben. Es seien jeweils abdriftmindernde Düsen verwendet worden.
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Hinsichtlich des Beklagten zu 3) habe der Sachverständige P bezüglich der Fläche G des Klägers festgestellt, dass eine Abdrift nur bei einer Spritzung in der Zeit zwischen 7:00 Uhr und 15:30 Uhr stattgefunden haben könne, während zu einem späteren Zeitpunkt die Ursache nicht mehr geklärt werden könne. Es stehe indes nicht fest, dass er, der Beklagte zu 3), das Feld vor 15:30 Uhr gespritzt habe.
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Bei der Fläche Q scheide nach den Ergebnissen der Untersuchungen des Sachverständigen P eine Abdrift am 09.10.2013 aus. In die gleiche Richtung gingen die Feststellungen des Sachverständigen P für den 10.10.2013. Bezüglich des Beklagten zu 4) habe der Sachverständige P explizit festgestellt, dass eine Abdrift von dessen Grundstücken keinesfalls ursächlich geworden sein könne. Dies belege, dass auch bezüglich der übrigen Beklagten und Flächen andere Ursachen bzw. andere Verursacher in Betracht kämen. Aufgrund starker Luftbewegungen könnten auch Maßnahmen anderer Landwirte aus der Umgebung ursächlich geworden sein. Durch diese vermuteten Ursachen werde das Ergebnis der jeweiligen Gutachten des Sachverständigen P jedenfalls insoweit in Zweifel gezogen, dass darauf keine Überzeugung des Gerichts gestützt werden könne. Der Kläger müsse aber den vollen Beweis gemäß § 286 ZPO erbringen.
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Eine viel plausiblere Erklärung für die Belastung der Flächen des Klägers liege darin, dass er selbst Pflanzenschutzmittel ausgebracht habe, auch wenn dies dem Kläger als Inhaber eines ökologisch-landwirtschaftlichen Betriebes nicht unterstellt werden solle. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass der Kläger seine Flächen bereits abgeerntet habe, als sie ihre Pflanzenschutzmittel ausgebracht hätten. Der Kläger habe nicht konkret dazu vorgetragen, wann er die Flächen jeweils geerntet habe. Schließlich könnten auch die vom Kläger verwendeten Setzlinge bereits kontaminiert gewesen sein.
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Die Beklagten haben den vom Kläger geltend gemachten Schaden im Einzelnen mit Nichtwissen bestritten. Sie haben auch bestritten, dass die geltend gemachten Analysekosten auf den streitgegenständlichen Schadensfall zurückzuführen seien.
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Das Landgericht hat die Klage nach persönlicher Anhörung der Parteien und ergänzender mündlicher Einvernahme des Sachverständigen P mit am 14.03.2016 verkündetem Urteil (veröffentlicht in juris und BeckRS 2016, 134098) abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht in Betracht komme. Die Kammer sei nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zu der Überzeugung gelangt, dass die festgestellten Rückstände des Pflanzenschutzmittels von den Beklagten verursacht worden seien. Diesen Beweis habe der Kläger gemäß § 286 ZPO erbringen müssen. Das sei ihm nicht gelungen.
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Bezüglich der Fläche K des Klägers und der Fläche R des Beklagten zu 4) ergebe sich dies schon aus den nicht zuzuordnenden Windverhältnissen. Am 22.10.2013 habe Südwind geherrscht, so dass die Abdrift nicht von der Fläche R ausgegangen sein konnte. Dies sei auch am 30.09.2013 bzw. am 01.10.2013 der Fall gewesen.
42

Dies gelte auch für die Fläche Q und das angrenzende Feld des Beklagten zu 3 (J). Hier scheide eine Abdrift wegen der Windrichtung aus Südwest am 09.10.2013 und 10.10.2013 aus. Dazu habe der Sachverständige P im Rahmen seiner mündlichen Einvernahme ergänzt, dass die Abdrift von den benachbarten Feldern der Landwirte S und Sander stammen könne. Es könne auch keine abnehmende Konzentration aus Richtung des Feldes des Beklagten zu 3) festgestellt werden.
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Bezüglich der Fläche G des Klägers und der Fläche H des Beklagten zu 3) habe zwar eine abnehmende Konzentration aus Richtung des Feldes des Beklagten zu 3) festgestellt werden können. Hier sei jedoch unklar, wann der Beklagte zu 3) am 18.10.2013 das Pflanzenschutzmittel ausgebracht habe. Sollte dies zwischen 7:00 Uhr und 15:30 Uhr gewesen sei, könnten die Windrichtungen aus Westen bzw. Nordwesten für eine Abdrift sprechen. Nach 15:30 Uhr habe sich die Windrichtung jedoch nach den Feststellungen des Sachverständigen P geändert, so dass dann die Ursache für die Wirkstoffrückstände nicht aufgeklärt werden könne.
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Hinsichtlich der Fläche C und der angrenzenden Fläche B des Beklagten zu 1) habe sich eine abnehmende Wirkstoffkonzentration aus Richtung des Feldes des Beklagten zu 1) ergeben. Auch die Windrichtung aus Südost und die Windgeschwindigkeit zwischen 2,5 und 2 m/s am 14.10.2013 sprächen für eine mögliche Abdrift. Dies treffe auch für die klägerische Fläche E und die Fläche des Beklagten zu 2) D-Straße am 24.10.2013 bei einer Windgeschwindigkeit von 1,4 m/s und den festgestellten Windrichtungen zu. Der Sachverständige P habe allerdings insbesondere im Rahmen seiner mündlichen Einvernahme darauf hingewiesen, er könne nicht ausschließen, dass Pflanzenschutzmittel aufgrund thermischer Vorgänge von weiter entfernt liegenden Flächen eingetragen worden seien. Diese Phänomene des Ferntransports bzw. der Thermik könnten auch an warmen Herbsttagen auftreten. Nach den Recherchen des Sachverständigen zu den Wetterdaten im Nachgang zur mündlichen Verhandlung sei der Monat Oktober 2013 außergewöhnlich warm gewesen mit teils frühlingshaftem Wetter. Die hohen Temperaturen hätten die Thermik als schadensbringende Ursache begünstigt. Die Thermik sei deshalb nach den Angaben der Sachverständigen als Ursache höchstwahrscheinlich gewesen. Es sei zwar nicht zu verkennen, dass eine Verursachung durch die Beklagten „jedenfalls“ hinsichtlich der Flächen C, E und G vom Sachverständigen P „teilweise“ als sehr wahrscheinlich angesehen worden sei. Gleichwohl könne nicht mit der erforderlichen Überzeugung eine Verursachung durch die Beklagten zu 1) bis 4) festgestellt werden. Der Sachverständige P habe nämlich in der mündlichen Verhandlung und auch in seinem „Nachtrag“ vom 01.02.2016 aufgrund der hohen Temperaturen einen Ferntransport als höchstwahrscheinlich eingestuft.
45

Darüber hinaus befänden sich unstreitig im Umkreis der klägerischen Flächen auch Flächen anderer konventionell wirtschaftender Landwirte, die im streitgegenständlichen Zeitraum ebenfalls Herbizide ausgebracht hätten. Deshalb könne eine Verursachung der Kontamination gerade durch die Beklagten durch Abdrift „und/oder“ thermische Gegebenheiten nicht festgestellt werden. Dies gelte insbesondere für die klägerischen Flächen E, K und Q. Bei den Flächen K und Q habe der Kläger selbst angegeben, auch andere Feldnachbarn verdächtigt zu haben. Die Fläche E liege in unmittelbarer Nähe zur Fläche K.
46

Dass bei Flächen eine abnehmende Wirkstoffkonzentration zur Mitte hin aus Richtung der Felder der Beklagten zu 1) bis 3) festgestellt worden sei, sei für eine Überzeugungsbildung nicht hinreichend. Der Sachverständige P habe nämlich nicht behauptet, dass dieses Phänomen nicht auch bei thermischen Vorgängen und Ferntransport vorkommen könne. Schließlich habe der Sachverständige P für die Fläche Q ebenfalls eine abnehmende Konzentration festgestellt, hier aber die Ursache wegen der ungeeigneten Windverhältnisse als ungeklärt angesehen. Ein Anscheinsbeweis komme dem Kläger nicht zugute. Im vorliegenden Fall liege kein typischer Geschehensablauf als Grundlage für eine solche Beweiserleichterung vor. Dies ergebe sich insbesondere aus der Möglichkeit des Ferntransports.
47

Schadenersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 1, 830, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 PflSchG seien ebenfalls nicht gegeben, weil keine Eigentumsverletzung durch die Beklagten festgestellt werden könne. Der Sachverständige habe auch keinen Verstoß gegen die Vorgaben der „guten fachlichen Praxis“ feststellen können.
48

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, die er nur noch gegen die Beklagten 1) bis 3) richtet und mit der er gegenüber dem Beklagten zu 3) nur noch Ansprüche hinsichtlich der Fläche G verfolgt. Er meint, dass unter Berücksichtigung der Publikation „Neue Anwendungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Pendimethalin und Prosulfocarb (Anlage BER K12, Bl. 538 d.A.) noch plausibler sei, dass die Einwirkungen von den Feldern der Beklagten zu 1) bis 3) erfolgt seien. Zudem hätten die Beklagten zu 1) bis 3) die Vorgaben des Anhangs III der Richtlinie 2009/128/EG missachtet. Das Landgericht hätte die Grundsätze des Anscheinsbeweises zu seinen Gunsten anwenden müssen. Das Landgericht gehe selbst davon aus, dass die Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1) bis 3) hinsichtlich der Flächen E, C und G vom Sachverständigen festgestellt worden sei. Der Anscheinsbeweis greife bei typischen Geschehensabläufen und lasse den Schluss auf nach der allgemeinen Lebenserfahrung gegebene Ursachen zu. Deshalb sei der Beweis hinsichtlich dieser Flächen geführt. Der Anscheinsbeweis greife nur dann nicht, wenn er von den Beklagten widerlegt werde. Das sei aber nicht geschehen. Dafür sei erforderlich, dass andere Schadensursachen ernsthaft möglich erschienen. Reine „Denkmöglichkeiten“ reichten insoweit nicht aus. Es müssten vielmehr konkrete Umstände vorgetragen und bewiesen werden, aus denen sich andere Abläufe ergäben. Hier hätten die Beklagten nicht einmal konkret dazu vorgetragen, welche anderen konventionellen Landwirte zu welchen Zeiten Herbizide im Umkreis seiner Flächen ausgebracht hätten. Eine solche Verursachung durch andere Landwirte sei auch nicht von den Beklagten unter Beweis gestellt worden.
49

Er selbst habe keine alternativen Ursachen vorgetragen. Soweit er auf eine eventuelle Thermik als Schadensursache abgestellt habe, beziehe sich dies lediglich auf die von den Beklagten zu 1) bis 3) ausgebrachten Pflanzenschutzmittel. Dass sich die Thermik auf andere, weiter entfernt liegende Flächen beziehe, sei von ihm nicht vorgetragen worden. Dem habe er mit Schriftsatz vom 08.02.2016 auch ausdrücklich widersprochen. Die Feststellungen des Sachverständigen P zur Möglichkeit eines Ferntransports aufgrund von Thermik schlössen die von ihm festgestellte Abdrift von den Flächen der Beklagten zu 1) bis 3) nicht aus.
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Die Beklagten zu 1) bis 3) hätten ihren jeweiligen Verursachungsbeitrag zugestanden. Dieser jeweilige Verursachungsbeitrag könne nicht durch eine ergänzende Ausführung zu anderen möglichen Ursachen in Frage gestellt werden. Die Abdrift als Schadensursache stehe bezüglich der Beklagten zu 1) bis 3) fest. Es könne nur eine weitere Schadensursache nicht ausgeschlossen werden. Für einen solchen Fall habe der BGH die Anwendung von § 287 ZPO zugelassen. Eine Einwirkung von anderen Feldern sei ausgeschlossen. In einem Radius von etwa 300 m um die betroffene Fläche C (vgl. Übersichtskarte BER K6, Bl. 530 d.A. und zusammenfassende Tabelle BER K7, Bl. 531 f. d.A.) – fänden sich zwar konventionell bewirtschaftete Flächen, bezeichnet mit „konv. 1“, „konv. 2“, „konv. 3“, „konv. 4“, „konv. 5“, „konv. 7“, „konv. 8“ und „konv. 9“. Auf diesen sei indes kein Pendimethalin ausgebracht worden. Die weiteren Flächen seien Bio-, Grünland- und Naturschutzflächen.
51

Soweit das Feld E betroffen sei (vgl. Übersichtskarte BER K8, Bl. 533 d.A. und zusammenfassende Tabelle BER K9, Bl. 534 f. d.A.) – fänden sich zwar ebenfalls konventionell bewirtschaftete Flächen, bezeichnet mit „konv. 1“ bis „konv. 18“, in der näheren Umgebung. Indes hätten die Auskunft erteilenden Landwirte angegeben, kein Pendimethalin eingesetzt zu haben. Die anderen Flächen seien Bio- und Grünflächen.
52

Die Flächen südlich und nördlich des Feldes G würden von ihm bewirtschaftet. In einem Radius von etwa 300 m um die betroffene Fläche E (vgl. Übersichtskarte BER K10, Bl. 536 d.A. und zusammenfassende Tabelle BER K11, Bl. 537 d.A.) – fänden sich konventionell bewirtschaftete Flächen, bezeichnet mit „konv. 1“ bis „konv. 10“. Indes hätten die Auskunft erteilenden Landwirte angegeben, kein Pendimethalin eingesetzt zu haben.
53

Das Landgericht habe die Feststellungen des Sachverständigen P nur unzureichend ausgewertet und seinem Urteil zugrunde gelegt. Es könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass die abnehmende Wirkstoffkonzentration zur Mitte des Feldes hin vom Sachverständigen P als alleiniges Indiz für eine Verursachung durch die jeweiligen Beklagten angeführt worden sei. Der unstreitige Ablauf der Verwendung schadstoffhaltiger Substanzen auf den Nachbarfeldern durch die Beklagten zu 1) bis 3) und die Kontamination von Pflanzen auf seinen Feldern spreche eindeutig für eine Verursachung durch die Beklagten zu 1) bis 3). Alternative Ursachen kämen nicht ernsthaft in Betracht. Diese seien weder konkret von den Beklagten vorgetragen worden noch sei dazu Beweis angetreten worden.
54

Hinsichtlich der Abdrift hätten die Beklagten sorgfaltswidrig gehandelt. Er, der Kläger, habe mit Schriftsatz vom 08.02.2016 substantiiert bestritten, dass die Beklagten abdriftmindernde Düsen verwendet hätten. Darüber hinaus hätte das Landgericht den angebotenen Sachverständigenbeweis erheben müssen. Der Sachverständige P habe die verwendeten Geräte der Beklagten nicht selbst untersucht, sondern sich lediglich auf Prüfberichte verlassen, die ihm von den Beklagten übergeben worden seien. Der Sachverständige P habe bei seiner ergänzenden Anhörung bestätigt, dass aus seiner Sicht Abdrift von den Feldern der Beklagten zu 1) bis 3) ursächlich geworden sei. Die Thermik stelle nur eine zusätzliche Möglichkeit dar und entkräfte den Beweis der aufgetretenen Abdrift von den Feldern der Beklagten zu 1) bis 3) nicht.
55

Der Kläger beantragt,
56

das Urteil des Landgerichts, Aktenzeichen 4 O 420/14, vom 14.03.2016 abzuändern und
57

1. den Beklagten zu 1) zu verurteilen, an ihn 40.264,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.590,91 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
58

2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an ihn 21.541,98 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
59

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 6.663,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und
60

4. den Beklagten zu 3) zu verurteilen, an ihn 10.581,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2013 sowie Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
61

Die Beklagten beantragen,
62

die Berufung zurückzuweisen.
63

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Sie meinen, aufgrund des Umstandes, dass der Kläger ausdrücklich die Klageabweisung gegenüber dem Beklagten zu 4) hingenommen habe, wirke sich diese Klageabweisung auch zu ihren Gunsten aus. Wenn zu Gunsten des Beklagten zu 4) feststehe, dass das von ihm auf benachbarten Flächen ausgebrachte Pflanzenschutzmittel nicht auf Felder des Klägers abgedriftet sei, müsse zwingend auch zu ihren Gunsten von einer fehlenden Verursachung ausgegangen werden.
64

Der Kläger habe zudem selbst angegeben, andere benachbarte Landwirte um Auskunft bezüglich des Einsatzes von Herbiziden gebeten zu haben. Der Kläger habe auch den benachbarten Landwirt S im Beweisverfahren in Anspruch genommen. Diese weiteren Nachbarn kämen ebenso als Verursacher in Betracht. Der Vortrag des Klägers zur Bewirtschaftung der jeweils umliegenden Felder werde mit Nichtwissen bestritten. Ungeachtet dessen könne dieser Vortrag nicht der Bewertung zugrunde gelegt werden, zumal substantiierter Vortrag zu möglichen Spritzmaßnahmen der Feldnachbarn fehle und beachtlich sei, dass die behaupteten Erklärungen der Feldnachbarn unter dem Eindruck abgegeben sein könnten, dass der Kläger den hiesigen Rechtsstreit wegen des Ausbringens des Mittels Pendimethalin führe. Auf die „Neuen Anwendungsbestimmungen für Pflanzenschutzmittel mit den Wirkstoffen Pendimethalin“ könne sich der Kläger nicht berufen, da streitgegenständlich Maßnahmen aus dem Jahre 2013 seien.
65

Der Anscheinsbeweis greife zu ihren Lasten nicht. Dagegen spreche, dass der Beklagte zu 4) Pflanzenschutzmittel ausgebracht habe, ohne dass diese auf Flächen des Klägers gelangt seien. Ferner spreche dagegen, dass weitere Landwirte verantwortlich sein könnten. Schließlich habe der Sachverständige P die Thermik als weitere Schadensursache für höchstwahrscheinlich gehalten. Der Kläger habe selbst auf die Thermik als weitere Ursache abgestellt und dies nicht nur darauf beschränkt, dass sich das Phänomen nur auf die Flächen der Beklagten zu 1) bis 3) beziehe. Es könne auch von ihnen nicht verlangt werden, konkreter dazu vorzutragen, welche anderen Landwirte bzw. sonstigen Ursachen in Betracht kämen. Sie, die Beklagten, treffe insoweit nicht die Darlegungs- und Beweislast. Dies gelte auch für die Verursachung durch Fernübertragung. Auch hier könnten von ihnen keine näheren Angaben verlangt werden. Schließlich habe der Kläger selbst auf diesen Ursachenzusammenhang hingewiesen.
66

Sie, die Beklagten, hätten auch zu anderen Schadensursachen Beweis angetreten und sie hätten ihre Verursachung bzw. Verursachungsbeiträge keineswegs zugestanden. Eine Verursachung durch sie werde vielmehr nach wie vor – wie bereits in erster Instanz – bestritten. Beachtlich sei zudem, dass er, der Beklagte zu 2), erst gespritzt habe als der Kläger – am 21. bzw. 22.10.2013 – die Felder bereits abgeerntet habe, was bereits erstinstanzlich geltend gemacht worden sei.
67

Der Senat hat den Kläger und die Beklagten zu 1) bis 3) persönlich angehört und ergänzend Beweis erhoben durch Einvernahme des Sachverständigen P in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2017, durch Einholung des Gutachtens vom 21.09.2018 und des Ergänzungsgutachtens vom 14.09.2019 des Sachverständigen Dipl.-Ing. agr. T (im Folgenden: Sachverständiger T), durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. U (im Folgenden: Sachverständiger U) vom 31.12.2020 und Einvernahme des Sachverständigen U in der mündlichen Verhandlung am 28.10.2021. Wegen des Ergebnisses der persönlichen Anhörungen und der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens vom 21.09.2018, des Ergänzungsgutachtens vom 14.09.2019 und des Gutachtens vom 31.12.2020, die Inhalte der Protokolle vom 28.11.2017 und 28.10.2021 und die das wesentliche Ergebnis der persönlichen Anhörungen und das wesentliche Ergebnis der Beweisaufnahme zusammenfassenden Vermerke des Berichterstatters vom 28.11.2017 und 28.10.2021 verwiesen. Die Akten des selbständigen Beweisverfahrens 4 OH 22/13 LG Paderborn lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
68

II.
69

Die Berufung des Klägers ist zulässig und in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet. Die Klage ist zwar zulässig, aber lediglich in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.
70

1.
71

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1) ein Anspruch in Höhe von 40.239,45 € gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu.
72

a)
73

Analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB besteht ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch, wenn von einem Grundstück eine Einwirkung auf das benachbarte Grundstück ausgeht, diese Einwirkung rechtswidrig ist und deshalb nicht geduldet zu werden braucht, der betroffene Eigentümer oder Besitzer aber aus besonderen Gründen gehindert ist, diese Einwirkung gemäß §§ 1004 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB zu unterbinden, und er dadurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2020 – V ZR 193/19 – NJW-RR 2021, 610; BGH, Urteil vom 09. Februar 2018 – V ZR 311/16 – NJW 2018, 1542; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2017 – V ZR 8/17 – NJW 2018, 1010; BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377; BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 – V ZR 389/99 – NJW 2001, 1865; BGH, Urteil vom 22. Juli 1999 – III ZR 198/98 – NJW 1999, 3633; BGH, Urteil vom 02. März 1984 – V ZR 54/83 – NJW 1984, 2207; LG Frankenthal, Urteil vom 17. April 2018 – 4 O 383/15 – zitiert nach juris).
74

Dagegen käme, worüber der Senat nicht zu entscheiden braucht, unter näher zu prüfenden Umständen eine direkte Anwendung des einen Ausgleichsanspruchs vorsehenden § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht, wenn der Gebrauch des Spritzmittels „Malibu“ einen ortsüblichen Gebrauch des Feldes des Beklagten zu 1) darstellte und der Beklagte zu 1) die erwiesene Beeinträchtigung nicht in zumutbarer Weise verhindern konnte, also die Regeln einer guten fachlichen Praxis eingehalten hätte. § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ist aber jedenfalls – analog – anwendbar, da der Beklagte zu 1) – wie noch auszuführen ist – dies nicht getan hat, die Einwirkung also rechtswidrig war und deshalb nicht geduldet werden musste, der Kläger aber als Eigentümer des benachbarten Grundstücks gehindert war, sie zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 – V ZR 389/99 – NJW 2001, 1865; BGH, Urteil vom 02. März 1984 – V ZR 54/83 – NJW 1984, 2207; LG Frankenthal, Urteil vom 17. April 2018 – 4 O 383/15 – zitiert nach juris). Hierbei genügt, wenn ein faktischer Duldungszwang besteht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377). Er kann sich unter anderem daraus ergeben, dass der Betroffene die abzuwehrende Gefahr nicht rechtzeitig erkannt hat und auch nicht erkennen konnte; in diesem Falle ist der Anspruch nicht subsidiär (vgl. BGH, Urteil vom 01. Februar 2008 – V ZR 47/07 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377). Vorliegend ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger von der bevorstehenden Applikation des Mittels Malibu wusste oder wie er die Einwirkung auf sein Feld hätte verhindern können. Der Kläger konnte damit die schädigende Einwirkung durch Herbizidabdrift nicht durch die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz, z.B. durch Einwirkung auf den Beklagten zu 1) oder Beantragung einer einstweiligen Verfügung (vgl. LG Verden, Urteil vom 11. Januar 2013 – 7 O 88/12 – zitiert nach juris), verhindern. Anderweitiger Rechtsschutz war für den Kläger angesichts des Zeitablaufs nicht zu erlangen.
75

b)
76

Der Kläger ist aktivlegitimiert.
77

Aktivlegitimiert ist beim nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch der Eigentümer bzw. der Besitzer des beeinträchtigten Grundstücks. Dies ist hier der Kläger. Der Kläger bewirtschaftete die Fläche C, so dass er als Nutzer aktivlegitimiert ist. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch erstreckt sich auch bei entsprechender Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB jedenfalls auf den Besitzer (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377). Denn der Ausgleichsanspruch dient als Kompensation für den Ausschluss primärer Abwehransprüche (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 – V ZR 389/99 – NJW 2001, 1865), die auch dem Besitzer zustehen (§ 862 Abs. 1 BGB) und ihm einen den Rechten des Eigentümers aus § 1004 Abs. 1 BGB ähnlichen Schutz gegen Störungen bieten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377).
78

c)
79

Der Beklagte zu 1) ist passivlegitimiert.
80

Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB setzt voraus, dass der Beklagte zu 1) für die Eigentumsbeeinträchtigung durch Einwirkung des Mittels Pendimethalin auf das Feld des Kläger C verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2017 – V ZR 8/17 – NJW 2018, 1010).
81

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass infolge Abdrift der seitens des Beklagten zu 1) am 14.10.2013 ausgebrachte Wirkstoff Pendimethalin, der unstreitig in dem Herbizid Malibu enthalten ist, auf das Feld des Klägers gelangt ist und dort eine den zulässigen Höchstwert für den Ökolandbau von 0,01 mg/kg überschreitende Belastung mit dem Wirkstoff Pendimethalin verursacht hat.
82

aa)
83

Der Ausgleichsanspruch richtet sich gegen den die Einwirkung verursachenden Nutzer des Nachbargrundstücks als Störer. Der nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch richtet sich nicht nur gegen den Eigentümer des beeinträchtigenden Grundstücks, sondern auch gegen den Nutzer als denjenigen, der die Nutzungsart dieses Grundstücks bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 2003 – V ZR 37/02 – NJW 2003, 2377; BGH, Urteil vom 24. Januar 2003 – V ZR 172/02 – zitiert nach juris), hier also den Beklagten zu 1), da das Feld B 14 von ihm bewirtschaftet wurde.
84

bb)
85

Unstreitig hat der Beklagte zu 1) am 14.10.2013 das Herbizid Malibu, in dem unstreitig der Wirkstoff Pendimethalin enthalten ist, auf seinem Feld B ausgebracht.
86

Auf dem Feld des Klägers C ist es – ebenfalls unstreitig – zu einer Einwirkung des Mittels Pendimethalin gekommen, was sich auch aus dem Prüfbericht vom 29.10.2013 (Anlage K1), wonach sich ein Gehalt an Pendimethalin von 0,011 mg/kg, was den zulässigen Höchstwert von 0,01 mg/kg überschritt, ergab, zwanglos ableiten lässt.
87

cc)
88

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass von dem Grundstück des Beklagten zu 1) B 14 infolge des Ausbringens des Herbizids Malibu am 14.10.2013 durch direkte Abdrift der Wirkstoff Pendimethalin auf das Grundstück des Klägers C (Schlag 4a) gelangt ist, hierauf eingewirkt und die den zulässigen Höchstwert von 0,01 mg/kg überschreitende Belastung bewirkt hat.
89

(1)
90

Bei dem Wirkstoff Pendimethalin handelt es sich um eine Einwirkung im Sinne des § 906 BGB. Chemische Pflanzenschutzmittel, die auf einem Grundstück versprüht werden und dann durch den Wind oder ähnliche Ursachen auf das Nachbargrundstück gelangen, sind Einwirkungen i.S.d. § 906 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 02. März 1984 – V ZR 54/83 – NJW 1984, 2207; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich um eine Konzentration handelt, die die Nutzung eines Nachbargrundstücks für einen an nachvollziehbaren Kriterien ausgerichteten ökologischen Landbau beeinträchtigt, wobei zu berücksichtigen ist, dass sowohl der ökologische als auch der konventionelle Landbau als jeweils zulässige Bewirtschaftungsarten ausgeübt werden können und deshalb gegenseitige Rücksichtnahme geboten ist.
91

(2)
92

Der Kläger hat nach dem Beweismaßstab des § 286 ZPO nachgewiesen, dass das Pendimethalin vom Feld des Beklagten zu 1) durch Abdrift beim Ausbringen am 14.10.2013 auf sein Feld gelangt ist.
93

Der Sachverständige U hat überzeugend festgestellt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine direkte Verdriftung des Wirkstoffes während der Applikation durch den Beklagten zu 1) auf die Kultur des Klägers erfolgte; eine zusätzliche, eher geringfügige Kontamination durch thermische Verflüchtigung oder Verlagerung von Partikeln vom Feld des Beklagten zu 1) oder eine thermische Verflüchtigung oder Verlagerung aus dem Umkreis von bis zu 1.000 m oder ein Ferntransport kann zwar nicht ausgeschlossen werden, ist aber untergeordneter Natur. Überdies steht nach den Feststellungen des Sachverständigen fest, dass eine eigene Ausbringung des Wirkstoffs Pendimethalin durch den Kläger ebenso ausgeschlossen ist wie eine Ursprungskontamination der Setzlinge.
94

Der Senat folgt diesen überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen, die er im Senatstermin am 28.10.2021 vertiefend dargestellt hat.
95

(a)
96

Aufgrund der seitens des Sachverständigen P gezogenen Pflanzenproben steht fest, dass durch die Applikation des Wirkstoffs auf dem Feld des Beklagten zu 1) Pendimethalin auf das Feld des Klägers durch direkte Abdrift gelangt ist.
97

(aa)
98

Der Sachverständige U hat hinsichtlich der Probenentnahme des Sachverständigen P zwar ausgeführt, dass die Probenentnahme nach der auch von der Sachverständigen V und von ihm auch sonst angewandten Korridorbeprobung erfolgen solle und mangels Existenz einer entsprechenden gesetzlichen Regelung die Faustregel gelte, dass etwa 50 Einzelstücke auf 1 ha zu entnehmen seien. Gleichwohl sei die Probenentnahme des Sachverständigen P fachlich nicht zu kritisieren und die von ihm genommenen Proben stellten eine ausreichende Tatsachengrundlage dar, um eine entsprechende Bewertung vornehmen zu können. Hinsichtlich des Feldes C hat der Sachverständige P Werte im Abstand von 5 m zum Feldrand in Höhe von 0,068 mg/kg und im Abstand von 15 m zum Feldrand in Höhe von 0,053 mg/kg ermittelt.
99

(bb)
100

Der Sachverständige U hat auf der Grundlage dieser Werte überzeugend festgestellt, dass die tatsächliche Datenlage eine definitive Aussage dahingehend zulässt, dass eine direkte Abdrift vom Feld des Beklagten zu 1) vorlag. Der Umstand, dass die Konzentration mit zunehmendem Abstand vom Feldrand abnahm, spricht nach den Feststellungen des Sachverständigen eindeutig für eine direkte Verdriftung.
101

Hierfür sprächen auch die im Applikationszeitpunkt herrschen Wind- und Wetterverhältnisse. Der Beklagte zu 1) hat das Mittel um 19:00 Uhr ausgebracht. Zwar könne nach den Feststellungen des Sachverständigen aufgrund der Besonderheiten, dass lediglich Durchschnittswerte einer Messreihe gebildet würden, es überdies zu kurzzeitigen Windströmungen aus Himmelsrichtungen gekommen sein könne, die eine Kontamination vom Feld des Beklagten zu 1) zum Feld des Klägers ermöglichten und kurzzeitige Windrichtungsdrehungen und Verwirbelungen zu Verdriftungsschäden hätten führen können, eine nähere Differenzierung der Windgeschwindigkeiten ohne Messungen während der Anwendungen im Nachgang nicht mehr erfolgen. Auch hätten entsprechende Wetterdienste keine hinreichend kleinteiligen Messdaten liefern können. Gleichwohl könne auf der Grundlage der Winddaten des Sachverständigen P angenommen werden, dass zwischen 18:10 Uhr und 21:00 Uhr eine verhältnismäßig stabile Windrichtung aus Richtung des Feldes des Beklagten zu 1) zum Feld des Klägers geherrscht habe und es zudem aufgrund der Besonderheiten des Geländes zu lokalen Verwirbelungen und kurzen Richtungswechseln gekommen sei, was die Verdriftung während der Anwendung begünstigt habe. Damit verfängt der Einwand der Beklagten, dass die vom Sachverständigen U angenommenen Windbewegungen tatsächlich gar nicht festgestellt worden seien, nicht. Denn der Sachverständige U hat damit nicht das Vorliegen bestimmter Windbelastungen unterstellt, sondern ausdrücklich ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, welche Windgeschwindigkeiten tatsächlich vorgelegen hätten und ob Böen vorhanden gewesen seien. Er hat aber aufgrund der eingesetzten Düse im Zusammenhang mit dem Applikationsdruck und der hohen Konzentration eine Kontamination infolge einer direkten Verdriftung während der Applikation für an Sicherheit grenzend wahrscheinlich erachtet.
102

(cc)
103

Thermische Einflüsse und hierdurch bedingte mögliche Ausgasungen des Wirkstoffs Pendimethalin und ein damit verbundener Ferntransport sind nach den Feststellungen des Sachverständigen zu vernachlässigen.
104

Der Sachverständige hat festgestellt, dass Pendimethalin erst bei Temperaturen ab 20 °C zur Verflüchtigung neige, da erst ab 20° C dieser Wirkstoff anfange, aktiv zu werden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit habe entsprechende Untersuchungen durchgeführt. Diese Untersuchungen hätten eine Dampfdruckphase für 20 °C ermittelt. Insofern könne Pendimethalin zwar auch unter 20 °C der Wirkstoff ausdampfen. Dies lasse sich indes nicht mehr berechnen. Erst ab 20 °C komme es zu einer messbaren Ausdampfung.
105

Hier erfolgte die Applikation am 14.10.2013. Nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen U konnten aber eine Ausgasung aufgrund thermischer Einflüsse und ein damit verbundener Ferntransport jedenfalls die auf dem Feld des Klägers gemessenen Konzentrationen nicht erklären. Nach den Feststellungen des Sachverständigen U hätte eine thermisch bedingte Ausgasung zum einen allein an wenigen Tagen in Betracht kommen können. Zum anderen wäre eine thermisch bedingte Ausgasung nicht in der Lage, die vorgefundenen hohen Konzentrationen zu erklären.
106

α)
107

Zunächst hätten am 22.10.2013 lediglich während 7 Stunden eine Temperatur von 21,0 °C und am 26.10.2013 während 3 Stunden eine Temperatur von 20,0 °C geherrscht, so dass nur an diesen Tagen die potentielle Gefahr einer indirekten Verdriftung durch thermische Verflüchtigung bestanden habe. Der Sachverständige U hat in seinem Gutachten (dort S. 24) Temperaturdaten der Wetterstation W ausgewertet. Zwar hat der Sachverständige festgestellt, dass es aussagekräftige Wetterdaten für den betroffenen Ort A jedenfalls für Oktober 2013 nicht gegeben habe. Gleichwohl hätten die Temperaturdaten der 20 km entfernten Wetterstation W zugrunde gelegt werden können. Angesichts des Umstandes, dass die Wetterstation W auf etwa 140-143 m Meereshöhe liege, während sich A auf etwa 350 m über Meereshöhe befinde, sei in der Regel davon auszugehen, dass – mit Ausnahme von Inversionswetterlagen – es mit zunehmender Höhe kälter werde, so dass die entsprechenden Temperaturen allenfalls und insofern zu Gunsten des Beklagten zu 1) zu hohe Werte auswiesen. Zudem wären aufgrund der unterschiedlichen Lagen der Wetterstation und der betroffenen Felder allenfalls Unterschiede von 1° bis 2 °C möglich. Damit aber sind die seitens des Sachverständigen U herangezogenen Temperaturwerte der Wetterstation W hinreichend aussagekräftig. Soweit der Sachverständige P die Feststellung getroffen hat, dass es sich im Oktober 2013 recht warm angefühlt habe, hat der Sachverständigen diese vermeintlich im Widerspruch zu den von ihm herangezogenen Temperaturdaten stehende Angabe nachvollziehbar damit erklärt, dass sich im Oktober auch deutlich unter 20° C liegende Werte von 16° bis 17° oder sogar nur 13 °C noch als deutlich warm anfühlten und deswegen zwischen einer bloß gefühlten und der tatsächlich festgestellten Temperatur zu unterscheiden sei.
108

Die Entstehung von Konzentrationen von 0,068 mg/kg bzw. 0,053 mg/kg ist nach den Feststellungen des Sachverständigen durch Verflüchtigung und Verfrachtung innerhalb dieser geringen Zeitintensität praktisch unmöglich, da sich innerhalb dieser zehn Stunden an zwei unabhängig voneinander liegenden Tagen ein beachtlicher Teil der ausgebrachten Mange hätte lösen und das Gemüse kontaminieren müssen, zumal beachtlich sei, dass zwischen Ausbringung und Beprobung 92 Tage gelegen hätten und die Halbwertzeit bei 90 Tagen liege, so dass eine derart hohe Konzentration nur durch direkte Verdriftung während der Applikation entstehen könne. Komme es nämlich zu einer thermischen Ausdampfung, werde ein Teil des Wirkstoffs vom Boden und den Pflanzen aufgenommen, so dass Luftkonzentrationen lediglich im Bereich von Nanogramm pro Kubikmeter entstünden.
109

Zudem sei beachtlich, dass der Zeitraum von 48 Stunden nach Ausbringung des Wirkstoffs der eigentliche gefahrenträchtige Zeitraum sei, vorliegend also der Zeitraum vom 14.10.2013 bis 16.10.2013, innerhalb dessen mit einem Ausdampfen zu rechnen sei, und hiernach die Ausdampfung deutlich abnehme. Eine Ausdampfung ermöglichende Temperaturen herrschten indes nicht in diesem Zeitraum, sondern erst deutlich später am 22.10.2013 und am 26.10.2013, also zu Zeitpunkten, zu denen das Ausdampfungspotential deutlich abgenommen hatte.
110

β)
111

Soweit der Sachverständigen U in seinem Gutachten (dort S. 28) für den Zeitraum vom 03. bis 07.09.2013 auf der Grundlage der hinreichend aussagekräftigen Temperaturdaten der Wetterstation W Temperaturen von deutlich über 20 °C festgestellt hat, hat er zwar ausgeführt, dass solche Temperaturen ein Ausdampfen begünstigen könnten. Allerdings sei beachtlich, dass die Proben erst 90 Tage nach der Applikation entnommen worden seien. Rechne man vom Zeitpunkt der jeweiligen Applikation im Oktober 2013 auf den vorgenannten Zeitraum Anfang September 2013 zurück, so seien weitere 50 Tage hinzuzurechnen, so dass sich 140 Tage ergäben, die der Rückrechnung der Wirkstoffhöhe zugrunde zu legen seien. Wenn also der Wirkstoff von einem anderen Feld im Zeitraum vom 03.-07.09.2013 auf das kontaminierte Feld des Klägers gelangt wäre, hätten extrem hohe Werte vorhanden sein müssen, die ein Ferntransport nicht erklären könne, da dieser lediglich Konzentrationen im Bereich von Nanogramm pro Kubikmeter Luft mit sich bringe. Damit aber ist ein relevanter Ferntransport auch für den Zeitraum vom 03. bis 07.09.2013 auszuschließen.
112

(dd)
113

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht auch fest, dass der Wirkstoff Pendimethalin nicht von anderen umliegenden Feldern auf das Feld des Klägers C gelangt ist.
114

α)
115

Unstreitig brachte der Landwirt X auf dem in der Anlage BER K6 (Bl. 530 d.A.) und der Anlage BER K7 (Bl. 531-532 d.A.) bezeichneten Feld „konv. 2“ kein Pendimethalin aus. Vielmehr hat der Landwirt X das Feld lediglich umgepflügt. Daher konnte von diesem Feld kein Pendimethalin auf das Feld des Klägers eingewirkt haben.
116

β)
117

Dass eine mögliche Einwirkung von den als „konv. 3“ und „konv. 4“ bezeichneten Feldern ausgegangen ist, ist ebenfalls auszuschließen.
118

Da auf dem Feld „konv. 3“ Weizen und Gerste angebaut wurde, hätte zwar Ende Oktober 2013 das Mittel gespritzt werden müssen. Der Sachverständige hat aber ausgeführt, dass bei einer direkten Verdriftung die Konzentration abgenommen hätte. Wenn also eine Abdrift von den Feldern „konv. 3“ und „konv. 4“ erfolgt wäre, hätten sich innerhalb von 10 m nicht so deutliche Konzentrationsunterschiede auf dem Feld des Klägers ergeben können. Vielmehr hätte eine Einheitsgemengelage bestanden und die Werte hätten sich angleichen müssen. Anhand eines Kurvenvergleichs hat der Sachverständige nachvollziehbar festgestellt, dass eine unterstellt von diesen Feldern aufsteigende Aerosolwolke zunächst über die angrenzenden Felder „konv. 2“, „konv. 1“ und „Bio 1“ bis zum Feld des Klägers hätte gelangen müssen. Die Konzentration in der Aerosolwolke wäre damit zu Beginn deutlich größer gewesen und hätte sich dann relativ schnell abgeflacht, so dass sich bis zum Feld des Klägers recht einheitliche Schadstoffwerte ergeben hätten.
119

γ)
120

Auszuschließen ist des Weiteren, dass eine mögliche Einwirkung vom als „konv. 6“ bezeichneten Feld erfolgt ist, selbst wenn unterstellt würde, dass auf dem Feld „konv. 6“ Winterraps angebaut und das pendimethalinhaltige Mittel „Stomp-Raps“ ausgebracht worden wäre. Denn nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen sei der Wind aus Richtung Süd/Süd-Ost gekommen. Wäre damit Pendimethalin vom Feld „konv. 6“ gekommen, wäre aber zu erwarten gewesen, dass die Probeentnahmepunkte jeweils 5 m und 15 m vom Feldrand entfernt die gleichen Analyseergebnisse geliefert hätten, da eine Einheitsgemengelage vorgelegen hätte. Eine – unterstellte – Aerosolwolke wäre vom Feld „konv. 6“ aufgestiegen und hätte zunächst über das angrenzende Feld „Bio 1“ bis zum Feld des Klägers gelangen müssen. Der Sachverständige hat die hierdurch bedingte Abnahme der Konzentration anhand einer Kurve plastisch aufgezeigt, so dass davon auszugehen ist, dass die Konzentration zu Beginn deutlich größer gewesen und dann relativ schnell abgefallen wäre und sich dann auf einen einheitlichen Wert eingependelt hätte. Dann aber kann eine unterstellte, vom Feld „konv. 6 ausgehende Einwirkung das Konzentrationsgefälle nicht erklären, so dass auszuschließen ist, dass eine Abdrift vom Feld „konv. 6“ stattgefunden haben könnte.
121

δ)
122

Auszuschließen ist auch, dass eine mögliche Einwirkung vom als „konv. 8“ bezeichneten Feld ausgegangen ist. Nach den Feststellungen des Sachverständigen U hätte dann, wenn von diesem Feld „konv. 8“ Pendimethalin auf das Feld des Klägers gelangt wäre, das durch die gezogenen Proben nachgewiesene Konzentrationsgefälle umgekehrt ausfallen müssen. Da die Konzentration vom Feld „konv. 8“ ausgehend von der westlichen bis zur östlichen Seite des Feldes des Klägers hätte abnehmen müssen, hätte die 15 m vom Feldrand entfernt genommene Probe einen höheren Wert ergeben müssen als die 5 m vom Feldrand entfernt genommene Probe. Eine Abdrift vom Feld „konv. 8“ kann also ausweislich der ermittelten Werte der genommenen Proben nicht stattgefunden haben.
123

ε)
124

Dass eine mögliche Einwirkung von den Feldern „konv. 5“, „konv. 7“ oder „konv. 9“ ernsthaft in Betracht kommen könnte, ist weder dargetan noch anderweit erkennbar.
125

ee)
126

Auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen ist auch auszuschließen, dass der Kläger selbst den Wirkstoff Pendimethalin auf seiner Fläche ausgebracht hat oder die Setzlinge kontaminiert waren.
127

(1)
128

Dass der Kläger einen derartigen Wirkstoff ausgebracht hat, hat der Sachverständige U mit der Feststellung ausgeschlossen, dass in diesem Falle der Wirkstoff auch im Boden hätte nachweisbar sein müssen, was vorliegend gerade nicht der Fall war, so dass eine direkte Applikation des Wirkstoffs durch den Kläger auszuschließen ist.
129

(2)
130

Der Sachverständige U hat zudem überzeugend festgestellt, dass kontaminierte Setzlinge die Belastung der Felder des Klägers nicht erklären könnten. Unter Berücksichtigung der Halbwertzeit des Wirkstoffs Pendimethalin und der Wachstumszweit der Pflanzen von 150-200 Tagen hätten die Setzlingen so hochgradig kontaminiert sein müssen, dass sie schlicht eingegangen wären.
131

d)
132

Die vom Feld des Beklagten zu 1) herrührende Beeinträchtigung ist auch wesentlich.
133

Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, beurteilt sich nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen und dem, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2006 – V ZR 2/06 – NJW-RR 2007, 168; BGH, Urteil vom 14. November 2003 – V ZR 102/03 – NJW 2004, 1037; BGH, Urteil vom 26. September 2003 – V ZR 41/03 – NJW 2003, 3699; BGH, Urteil vom 20. November 1992 – V ZR 82/91 – NJW 1993, 925; BGH, Urteil vom 30. Oktober 1998 – V ZR 64/98 – NJW 1999, 356; LG Arnsberg, Urteil vom 08. Januar 2018 – 2 O 186/16 – zitiert nach juris). Nach § 906 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB ist in der Regel eine nur unwesentliche Beeinträchtigung anzunehmen, wenn Grenzwerte in Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften eingehalten werden. Beachtlich ist zwar, dass den in § 906 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB genannten Grenz- und Richtwerten lediglich die Bedeutung beizumessen ist, dass einem Überschreiten der Werte Indizwirkung für das Vorliegen einer wesentlichen Beeinträchtigung zukommt und ein Einhalten oder Unterschreiten der Grenz- oder Richtwerte die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigung indiziert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2004 – V ZR 217/03 – NJW 2004,1317; BGH, Urteil vom 06. Juli 2001 – V ZR 246/00 – NJW 2001, 3119). Die Wesentlichkeitsgrenze kann damit auch nicht im Hinblick auf das bloße Überschreiten von Grenzwerten mathematisch exakt festgelegt werden, sondern allein aufgrund einer eigenen tatrichterlichen wertenden Beurteilung des Senats (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2006 – V ZR 2/06 – NJW-RR 2007, 168).
134

Hier ergibt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung nicht aus staatlich festgelegten Werten oder Verboten für den Einsatz von Pendimethalin, aber daraus, dass bei einzelnen Pflanzen der Orientierungswert für die Beurteilung als Bio-Ware überschritten war und damit die angebauten Pflanzen insgesamt nicht mehr vermarktungsfähig waren. Bereits eine mögliche Verunreinigung der gezogenen Pflanzen mit im Öko-Anbau nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln genügte, der Ware die Verkehrsfähigkeit abzuerkennen und bis zur Klärung des Befundes ein Verbot der Vermarktung durch die Kontrollstelle auszulösen. Dies stellt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung dar, so dass die Beeinträchtigung wesentlich ist (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 20. Juli 2006 – 7 U 117/04 – NJW 2006, 3650). Etwas anderes käme nur in Betracht, wenn private Organisationen derart niedrige Grenzwerte für eine Biovermarktung festlegen würden, dass eine gesetzlich an sich zulässige konventionelle Landwirtschaft unmöglich gemacht oder unangemessen erschwert würde. Dies ist für den Wert 0,01 mg/kg Pendimethalin nicht nachvollziehbar vorgetragen und auch ansonsten nicht ersichtlich, erst recht nicht für die deutlich höheren tatsächlich ermittelten Kontaminationen.
135

e)
136

Den Kläger trifft keine Duldungspflicht.
137

aa)
138

Eine Duldungspflicht besteht für den Kläger auch nicht deshalb, weil die Ausbringung von Herbiziden ortsüblich wäre. Insofern geht der Senat zwar von dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gehaltenen und unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten aus, dass im seinerzeitigen Zeitraum das Mittel Pendimethalin in A „in Mengen“ von vielen anderen Landwirten eingesetzt worden war. Der Beklagte zu 1) hat zudem sein Feld mit einem zugelassenen Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Pendimethalin in landwirtschaftlich üblicher Weise bespritzt und damit ortsüblich benutzt. Dies hat der Sachverständige P ausdrücklich bestätigt (S. 20 seines Gutachtens vom 04.06.2014).
139

Dem Beklagten zu 1) oblag es indes im Zeitpunkt der Applikation des Mittels – trotz Ortsüblichkeit des Einsatzes des Mittels Pendimethalin – Maßnahmen zur Verhinderung von Beeinträchtigungen zu treffen, die ihm technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1984 – VI ZR 223/82 – NJW 1985, 47).
140

Ungeachtet des Umstandes, dass die Beweislast für das Treffen solcher Vorkehrungen der Beklagte zu 1) trägt (vgl. OLG Rostock, Urteil vom 20. Juli 2006 – 7 U 117/04 – NJW 2006, 3650), steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Beklagte zu 1) keine ausreichenden und technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung der Abdrift ergriffen hat. Der Sachverständige U hat überzeugend festgestellt, dass der Beklagte zu 1) mit der von ihm gewählten Düse und dem von ihm gewählten Applikationsdruck gegen die gute fachliche Praxis verstoßen hat.
141

(1)
142

In § 3 PflSchG in der hier maßgeblichen Fassung vom 06.02.2012 ist die „gute fachliche Praxis“ geregelt. Die Einführung dieses Begriffs durch den Gesetzgeber ist zurückzuführen auf den Paradigmenwechsel von einer rein ökonomisch verstandenen Landwirtschaft hin zu einer nachhaltigen und umweltverträglichen Landwirtschaft (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Vorläufer der „guten fachlichen Praxis“ bildet das Konzept der „ordnungsgemäßen Landwirtschaft“, das in älteren Gesetzen verwendet wird; hierbei wurde (ursprünglich) ordnungsgemäße Landwirtschaft definiert als eine Bewirtschaftung, die dem jeweiligen agrarwissenschaftlichen Fachwissen und der landbaulichen Praxis entspricht, d.h. die ordnungsgemäße Landwirtschaft hat den fachlich begründeten agronomischen Regeln zu folgen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Zu einer ordnungsgemäßen Landwirtschaft gehört jedoch nicht nur die Einhaltung der anerkannten Regeln der Agrikultur, sondern auch die Wahrung aller einschlägigen Gesetze (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Die Regeln der guten fachlichen Praxis sind öffentlich-rechtliche Verhaltensstandards für Landwirte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris).
143

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 PflSchG i.V.m. Anhang III Nr. 3 der Richtlinie 2009/128/EG muss der berufliche Verwender von Pflanzenschutzmittel auf Grundlage der Ergebnisse der Überwachung entscheiden, ob und wann er Pflanzenschutzmaßnahmen anwenden will. Solide und wissenschaftliche begründete Schwellenwerte sind wesentliche Komponenten der Entscheidungsfindung. Bei der Entscheidung über eine Behandlung gegen Schadorganismen sind, wenn möglich die für die betroffene Region, die spezifischen Gebiete, die Kulturpflanzen und die besonderen klimatischen Bedingungen festgelegten Schwellwerte zu berücksichtigen. Hierzu gehört, dass die Problematik der Abdrift geprüft und vermieden wird.
144

Auch wenn erst am 11.03.2016 vom BVL Auflagen zur Anwendung von pendimethalinhaltigen Pflanzenschutzmitteln erlassen worden sind, musste der Beklagte zu 1) gleichwohl im Zeitpunkt der Applikation der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz entsprechend alle Möglichkeiten ausschöpfen, um eine Abdrift zu verhindern. Nach den aktualisierten Grundsätzen für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz (2010) musste er eine gründliche Auswahl zum Einsatz eines jeden Pflanzenschutzmittels treffen und die Risiken einer Anwendung abschätzen und minimieren.
145

(2)
146

Der Beklagte zu 1) wusste, dass er ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Pendimethalin auf seinem Feld ausbrachte und dass Pendimethalin für die Pflanzen des Klägers nicht zugelassen war; für Öko-Betriebe gilt, dass Herbizide nur eingesetzt werden dürfen, wenn die Wirksubstanzen im Anhang II der VO EG Nr. 889/2008 in der vom 01.01.2009 bis 15.04.2014 gültigen Fassung als zulässig gelistet sind; Pendimethalin ist hierin aber nicht aufgeführt und danach unzulässig. Der Beklagte zu 1) war daher gehalten, eine Abdrift – jedenfalls soweit technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar – zu vermeiden.
147

Die vom dem Beklagten zu 1) vorgenommene Applikation hat der Sachverständige auf der Grundlage der erteilten Auskunft vom 06.11.2013 (Anlage K3) im Einzelnen dargestellt und diese anhand der vom Hersteller angegebenen Tropfengrößen in Abhängigkeit zu den Applikationsdrücken (https://www.agrotop.com/service/duesentabellen/duesentabellen/tropfengroessen-in-abhaengigkeit-vom-druck/) gesetzt (S. 18 des Gutachtens vom 31.12.2020) und unter Berücksichtigung der – schon 2012 geltenden und im Internet (https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/pflanzenschutz/technik/pdf/abdriftmindernde-duesen.pdf) abrufbaren – Abdriftminderungsklassen festgestellt, dass abhängig von der verwandten Düse und dem entsprechenden Druck ein bestimmter Anteil in Form schwerfälliger Tropfen ausgestoßen werde, der nicht verdriftet werden könne, während der Rest der Tropfen auch in kleineren und sehr kleinen, verdriftungsfähigen Größen ausgestoßen werde (S. 18 des Gutachtens vom 31.12.2020).
148

Der Beklagte zu 1) hat unstreitig ein Gerät des Herstellers Rau, Typ Rau-Spridomat mit einer Arbeitsbreite von 12m und der Düse Agrotop Airmix 110-05 mit einem Applikationsdruck von 2,2 bar eingesetzt. Damit aber konnte unter Berücksichtigung der Abdriftminderungsklassen nur bei einem Druck von bis zu 1,0 bar eine Abdriftminderung von 90% erreicht werden. Bei dem tatsächlich gewählten Druck von 2,2 bar bestand die Gefahr einer Verdriftung von 50 % des feintropfigen Anteils. Wäre vom Beklagten zu 1) ein geringerer Applikationsdruck bis zu 1,0 bar gewählt worden, hätte sich eine Verdriftung während der Applikation verhindern bzw. zumindest eindämmen lassen, da mit der verwendeten Düse sogar eine 90 %ige Abdriftminderung – bei einem Druck von 1,0 bar – erzielbar gewesen wäre.
149

Soweit der Sachverständige T – dieser Feststellung widersprechend – festgestellt hat, dass die von den Beklagten durchgeführten Spritzvorgänge der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz im Zeitpunkt des Ausbringens entsprochen hätten, ist beachtlich, dass der Sachverständige T sich allgemein mit dem Ausbringen von Wirkstoffen befasst, sich aber nicht näher mit der vom Beklagten zu 1) eingesetzten Spritzdüse auseinandergesetzt und auch nicht weitere Überlegungen zur Vermeidung oder Minderung der Abdrift angestellt hat.
150

Soweit die Beklagten meinen, dass sich ein unsachgemäßes Spritzen nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lasse, verfängt dieser Einwand schon deswegen nicht, weil sie sich nicht ausreichend mit den Feststellungen des Sachverständigen U, auseinandersetzen. Der Sachverständige U hat klar festgestellt, dass der Beklagte zu 1) entweder eine andere Düse hätte wählen oder mit einem geringeren Druck den Wirkstoff hätte ausbringen müssen. Hiermit setzen sich die Beklagten nicht auseinander und ziehen damit die Feststellungen des Sachverständigen U nicht in Zweifel.
151

Vor dem Hintergrund, dass im Zeitpunkt der Applikation am 14.10.2013 der Staudensellerie sich unmittelbar vor bzw. in der Ernte befand und damit visuell deutlich wahrnehmbar war, so dass aus Sicht des Beklagten zu 1) diese Gemüsekultur in unmittelbarer Nachbarschaft ein großes Risiko bei der Auswahl der Pflanzenschutzmittel darstellte, wäre der Beklagte zu 1), wie der Sachverständige U überzeugend ausgeführt hat, entweder zur Wahl eines geringeren Drucks, der Auswahl eines anderen Pflanzenschutzmittels, der Einrichtung eines Sicherheitsstreifens am Feldrand ohne Applikation oder zu einer vorzeitigen Kommunikation mit dem Kläger zur Planung der Herbizidapplikation, die eine Verdriftung hätte verhindern können, verpflichtet gewesen. Sämtliche vorangehenden Maßnahmen hat der Beklagte zu 1) indes unstreitig nicht ergriffen.
152

Dass zumindest die Reduzierung des Druckes nicht möglich oder unwirtschaftlich gewesen wäre, ist weder dargetan, noch anderweit erkennbar. Der Beklagte zu 1) hat auch nicht vorgetragen, dass es für seine Ernte bei den vorherrschenden Windverhältnissen unerlässlich gewesen sei, das Pflanzenschutzmittel auszubringen und keine anderen Wind- bzw. Wetterverhältnisse abzuwarten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Denn immerhin hat er ausgeführt, dass er bis in den November – unter der Voraussetzung, dass zwei Wochen kein Frost herrsche – hätte spritzen können.
153

Es kommt somit nicht darauf an, ob der Kläger im Spannungsfeld zwischen biologischer und konventioneller Landwirtschaft eine unter Beachtung der guten fachlichen Praxis erfolgende Applikation des zugelassenen Wirkstoffs hätte hinnehmen müssen. Angesichts der Umstände kann davon ausgegangen werden, dass der Verstoß gegen die gute fachliche Praxis für die aufgetretene Problematik ursächlich gewesen ist.
154

f)
155

Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten, und beläuft sich auf 40.239,45 €.
156

aa)
157

Der Inhalt und Umfang des nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs bestimmt sich unter Abwägung aller Umstände nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung; der Anspruch ist kein Schadensersatzanspruch, der sich – jedenfalls unmittelbar – nach den §§ 249 ff. BGB richtet (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 5 U 85/17 – zitiert nach juris). Der Unterschied zum Schadensersatz liegt darin, dass nicht der Zustand hergestellt werden muss, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre; vielmehr ist der Anspruch beschränkt auf die Beseitigung der durch die Störung eingetretenen Vermögenseinbuße, deren Ersatz einer wertenden Entscheidung bedarf (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 2003 – V ZR 102/03 – NJW 2004, 1037). Er kann daher je nach Art und Weise der Einwirkung gleichwohl auf vollen Schadensersatz gehen (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 5 U 85/17 – zitiert nach juris). In der Hauptsache erstreckt sich der Ausgleich auf die durch die Störung aufgetretenen Vermögenseinbuße, bei Störungen eines Gewerbebetriebes – wie hier – insbesondere auf den Ertragsverlust bzw. den ausgebliebenen Gewinn (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 2001 – V ZR 389/99 – NJW 2001, 1865; BGH, Urteil vom 07. April 2000 – V ZR 39/99 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 – III ZR 46/96 – zitiert nach juris; BGH, Urteil vom 08. Juli 1988 – V ZR 45/87 – zitiert nach juris).
158

bb)
159

Da die Vernichtung des Ernteertrages durch die zur Verkehrsunfähigkeit führende Kontaminierung der Pflanzen die Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung begründet, kommt die Abschichtung eines zumutbaren, nicht zu entschädigenden Teils vorliegend nicht in Betracht.
160

Auch kommen dem Beklagten insoweit keine weiteren Billigkeitserwägungen zugute. Ob ihm alternative Pflanzenschutzmittel zur Verfügung standen, kann dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob angesichts der Wetterverhältnisse eine Ausbringung des Herbizids möglich gewesen wäre, nachdem der Kläger sein Feld abgeerntet hätte. Denn nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen steht fest, dass bereits die Wahl eines niedrigeren Applikationsdruckes von 1,0 bar zu einer Abdriftminderung von 90 % geführt hätte. Dass bei der Wahl dieses Druckes eine Applikation nicht möglich oder wesentlich erschwert worden wäre, ist – wie bereits ausgeführt – weder dargetan noch anderweit erkennbar. Zudem hätte auch die Möglichkeit bestanden, eine andere Düse mit höherer Abdriftminderung zu wählen.
161

cc)
162

Auf der Grundlage der insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen P in seinem Gutachten vom 04.06.2014 geht der Senat von einem Ertragsausfall in Höhe von 35.257,95 € aus.
163

(1)
164

Der Sachverständige P hat sich hinsichtlich der Stückzahlen vor Ort ein eigenes Bild gemacht und die Örtlichkeit überprüft. Er ist dabei unter Zugrundelegung der Anbaufläche von 2 ha und unter Berücksichtigung von insgesamt 125.000 Pflanzen davon ausgegangen, dass 50 % der Pflanzen abgeerntet waren, und hat dabei einen Verlust von 62.500 Pflanzen errechnet. Unter Berücksichtigung entsprechender Verluste bzw. Ausbeutung in Höhe von 20 %, mithin 12.500 Pflanzen, ist er von einer vermarktungsfähigen Stückzahl von 50.000 Pflanzen ausgegangen. Unter Berücksichtigung eines Verkaufserlöses von 0,637 €/Stück ergibt sich damit ein Nettoschadensbetrag in Höhe von 31.850,00 € und unter Berücksichtigung von 10,7 % Mehrwertsteuer ein Bruttoschadensbetrag in Höhe von 35.257,95 €.
165

Den Einwand der Beklagten, angesichts der Feldrandlage des betroffenen Grundstücks sei ein überhöhter Ernteausbeuteansatz angenommen worden, da jeweils ein Streifen von 6 m gar nicht bewirtschaftet worden sei, haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich fallen gelassen. Der Sachverständige P hat überdies den Ertragswert nicht nach einer Flächengröße, sondern nach tatsächlich festgestellten Stückzahlen ermittelt.
166

(2)
167

Der Sachverständige P hat zudem einen Schaden in Form eines entgangenen Nutzens festgestellt.
168

(a)
169

Der Kläger beabsichtigte, in 2014 Winterdinkel anzubauen, was ihm aufgrund der festgestellten Belastung nicht möglich war und nach den Feststellungen des Sachverständigen P zu einem Ertrag von 4.500 kg/Hektar geführt hätte. Bei Ansatz von 700,00 €/t/ha hätte sich damit ein Ertrag von 3.150,00 € pro ha ergeben. Da vorliegend 2 ha betroffen sind, ist mithin ein Ertrag von 6.300,00 € anzunehmen.
170

(b)
171

Der Sachverständige P hat sodann zwar ausgeführt, dass bei Anbau von Sommerdinkel ein Ertrag von 2.500 kg/Hektar zu erwarten gewesen wäre, so dass bei Ansatz von 700,00 €/t/ha sich damit ein Ertrag von 1.750,00 € pro ha und damit ein Gesamtertrag von 3.500,00 € bei 2 ha ergebe, so dass sich eine Differenz von 2.800,00 € netto (6.300,00 € abzgl. 3.500,00 €), mithin 3.099,60 € brutto ergeben hätte.
172

Zutreffend verweist der Kläger indes darauf, dass kein zertifizierter Sommerdinkel verfügbar war. Zwar haben die Beklagten diesen Vortrag des Klägers, dass Sommerdinkel nach der beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamtes nicht zur Verfügung gestanden habe, bestritten. In der beschreibenden Sortenliste „Getreide, Mais, Öl- und Faserpflanzen, Leguminosen, Rüben, Zwischenfrüchte“ für 2014 des Bundessortenamtes ist aber kein Sommerdinkel aufgeführt, so dass feststeht, dass kein zertifizierter Sommerdinkel zur Verfügung stand.
173

(aa)
174

In den vom Bundessortenamt herausgegebenen „Beschreibenden Sortenlisten“ werden nach § 56 SaatG in der Fassung vom 16.07.2004 (Saatgutverkehrsgesetz) zugelassene und andere wichtige Sorten hinsichtlich ihrer für den Anbau und die Verwendung bedeutenden Eigenschaften beschrieben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 1998 – 3 B 62/98 – zitiert nach juris). Die Zulassung von Sorten ist Voraussetzung für den gewerblichen Vertrieb von Saatgut landwirtschaftlicher Pflanzenarten und Gemüsearten. Ohne Sortenzulassung ist der Handel mit Saatgut untersagt, nur nicht der Anbau. Insofern weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass er gewerblich kein entsprechendes Saatgut hätte beziehen können.
175

(bb)
176

Dem Kläger stand lediglich die Ackerbohne zur Verfügung.
177

α)
178

Die Ackerbohne war in der Datenbank Saatguterzeugung in 2014 aufgelistet.
179

β)
180

Dass dem Kläger alternativ andere Saaten zur Verfügung standen, ist weder anderweit erkennbar noch seitens der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten dargetan. Insoweit hätten sich die Beklagten nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränken dürfen, sondern hätten qualifiziert hierzu vortragen müssen. Denn dass dem Kläger der Sommerdinkel nicht zur Verfügung stand, betrifft die Frage der Schadensminderungspflicht.
181

Soweit die maßgeblichen Umstände in der Sphäre des Geschädigten liegen, hat dieser zwar im Rahmen des Zumutbaren an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken (vgl. BGH, Urteil vom 29. September 1998 – VI ZR 296/97 – zitiert nach juris). Dies führt zu einer subjektiven Darlegungslast des Klägers. Er muss bei einem möglichen Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit darlegen, welche Maßnahmen er zur Minderung des Schadens getroffen hat. Dies hat er indes getan; er hat dargetan, dass kein Sommerdinkel, sondern nur die Ackerbohne zur Verfügung gestanden habe. Dementsprechend hätte es den Beklagten oblägen, weiteren Vortrag zu alternativen und ertragreichen Saaten zu halten.
182

γ)
183

Der Senat schätzt daher den Schaden nach § 287 ZPO auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen P und der Angaben des Klägers auf 4.981,50 €.
184

Auszugehen ist von den seitens des Sachverständigen P festgestellten Ertragswerten des Winterdinkels in Höhe von 6.300,00 €. Abzusetzen ist der Ertragswert der Ackerbohne von 2.250,00 €/ha netto, mithin bei 2,0 ha 4.500,00 € netto. Zuzüglich der Mehrwertsteuer von 10,7 % (481,50 €) ergibt sich damit ein Gesamtbetrag von 4.981,50 € brutto.
185

(3)
186

Die geltend gemachte Kostenpauschale von 25,00 € erachtet der Senat – anders als die in Verkehrsunfallsachen gängig geltend gemachte Kostenpauschale von 25.00 € (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 16. November 2020 – 12 U 207/19 – zitiert nach juris) – ohne näheren substantiierten Vortrag für nicht ersatzfähig.
187

Es ergibt sich damit ein ersatzfähiger Gesamtbetrag von 40.239,45 €.
188

g)
189

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers ist nicht anzunehmen. Zwar ist nicht nur bei einem verschuldensabhängigen Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, § 831 Abs. 1 BGB, sondern auch bei einem verschuldensunabhängigen Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB die Regelung des § 254 Abs. 1 BGB anwendbar, und zwar nicht nur im Falle des Mitverschuldens, sondern auch im Falle bloßer Mitverursachung (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1987 – V ZR 219/85 – NJW-RR 1988, 136; OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 1995 – 11 U 24/94 – NJW-RR 1995, 1482; Vieweg/Regenfus, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger zitiert nach jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 906 BGB (Stand: 01.07.2020) Rn. 158; Ebert, in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 254 BGB Rn. 9). Allerdings ist für die Annahme eines etwaigen Mitverschuldens des Klägers kein Raum.
190

aa)
191

Dass durch den Zukauf von Ersatzware der eingetretene Schaden jedenfalls hätte gemindert werden können, ist weder behauptet noch anderweit erkennbar.
192

bb)
193

Überdies kann kein Mitverschulden des Klägers allein deswegen angenommen werden, weil er sein Ackerstück in Form des biologischen Landbaus bewirtschaftete. Denn der Kläger darf – im Rahmen gesetzlicher Regelungen – ebenso wie die Beklagten frei darüber entscheiden, ob und wie er sein Ackerstück, hier in Form des biologischen Landbaus, bewirtschaftet. Von ihm kann nicht verlangt werden, zur Vorbeugung gegen rechtswidrige Zuführung schädigender Stoffe vom Nachbargrundstück besondere Vorkehrungen zu treffen und dazu einen nicht unerheblichen Teil seiner Grundstücksfläche der zweckentsprechenden Nutzung zu entziehen (vgl. OLG Celle, Urteil vom 21. September 1979 – 8 U 193/75 – VersR 1981, 66). Dies muss vorliegend umso mehr gelten, als der Kläger sogar einen Grenzstreifen von 6 Metern Breite auf seinem Ackerteil unbepflanzt gelassen hat und dennoch von der schädigenden Einwirkung betroffen wurde.
194

Zwar sind bei dem verschuldensunabhängigen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch die Verursachungsbeiträge in besonderer Weise gegeneinander abzuwägen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1987 – V ZR 219/85 – NJW-RR 1988, 136). Vorliegend liegt aber seitens des Beklagten zu 1) – wie bereits ausgeführt – ein eindeutiger Verstoß gegen die gute fachliche Praxis vor, während der Kläger durch den 6 Meter breiten Abstandsstreifen zureichende Maßnahmen ergriffen hat. Auf Seiten des Beklagten zu 1) waren keine über das übliche Maß in der Landwirtschaft hinausgehenden Kenntnisse erforderlich, um zu erkennen, dass abdriftende Herbizide benachbarten Pflanzenkulturen schädlich werden können (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. Juli 1995 – 11 U 24/94 – NJW-RR 1995, 1482; LG Verden, Urteil vom 11. Januar 2013 – 7 O 88/12 – zitiert nach juris).
195

2.
196

Ob daneben noch ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Organisationspflichten oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 PflSchG besteht, kann dahinstehen, da sich daraus kein weitergehender Anspruch ergäbe. Insofern kann auch dahinstehen, ob der Beklagte zu 1) dadurch, dass er das Mittel Malibu schon in 2012 angeschafft und erst im Folgejahr ausgebracht hat, schuldlos keine Kenntnis von den ab März 2013 geltenden erhöhten Anforderungen hatte, weil sich in dem entsprechenden Beipackzettel kein entsprechender Hinweis fand.
197

3.
198

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 24.000,00€ seit dem 07.12.2013 gemäß den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB zu. Der Kläger forderte den Beklagten zu 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung einer Abschlagszahlung in Höhe von 24.000,00 € bis zum 06.12.2013 auf (Anlage K4), so dass sich der Beklagte entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 07.12.2013 mit der Zahlung von 24.000,00 € im Verzug befand.
199

Hinsichtlich des Differenzbetrages von 16.239,45 € (40.239,45 € abzüglich 24.000,00 €) besteht ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 17.12.2014 zu, da die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 1) am 16.12.2014 erfolgte.
200

4.
201

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Anwaltskosten in Höhe der geltend gemachten 1.590,91 € gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu.
202

Die Anwaltskosten sind durch die einwirkungsbedingte rechtliche Auseinandersetzung entstanden und gehören mit zu den ersatzfähigen Folgekosten der Einwirkung (vgl. BGH, Urteil vom 01. Februar 2008 – V ZR 47/07 – NJW 2008, 992; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 5 U 85/17 – zitiert nach juris). Ausgerichtet an dem sich anhand der berechtigten Hauptforderung zu bemessenden Gegenstandwert von 40.239,45 €, ergibt sich eine Verfahrensgebühr in Höhe von 1.557,40 € netto. Zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € und der Umsatzsteuer in Höhe von 299,71 € ergibt sich jedenfalls der klageweise geltend gemachte Betrag.
203

5.
204

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.590,91 € gemäß den § 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 17.12.2014 zu, da die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 1) am 16.12.2014 erfolgte.
205

6.
206

Dem Kläger steht hingegen gegen den Beklagten zu 2) kein Anspruch zu.
207

a)
208

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2) kein Anspruch in Höhe von 21.541,98 € gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu.
209

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest, dass eine wesentliche Beeinträchtigung vom durch den Beklagten zu 2) bewirtschafteten Feld D-Straße auf das Feld des Klägers E eingewirkt hat.
210

aa)
211

Für die Überzeugung des Senats im Rahmen des § 286 ZPO ist zwar keine absolute, über jeden Zweifel erhabene Gewissheit erforderlich. Es genügt, wenn das Gericht eine persönliche Gewissheit erlangt hat, die den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie auszuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 08. Juli 2008 – VI ZR 259/06 – zitiert nach juris; OLG Hamm, Urteil vom 08. Februar 2018 – I-21 U 95/15 – zitiert nach juris). Eine derartige Gewissheit konnte der Senat auf der Grundlage des Inbegriffs der mündlichen Verhandlung nicht erlangen.
212

(1)
213

Aus dem Prüfbericht des LUFA NRW vom 29.10.2013 (Probedatum 28.10.2013, Anlage K 1) ergibt sich schon keine hinreichend sichere Tatsachengrundlage, dass eine Einwirkung vom Feld des Beklagten zu 2) auf das Feld des Klägers erfolgt ist. Denn die Proben sind schon nicht einer bestimmten Fläche zugeordnet worden, so dass sich hieraus keine sicher feststellbare Einwirkung ableiten lässt.
214

(2)
215

Auch angesichts der Lage der Felder kann nicht mit hinreichender Sicherheit eine vom Grundstück des Beklagten zu 2) ausgehende Einwirkung angenommen werden.
216

(a)
217

Der Sachverständige P hat zwar zusammenfassend festgestellt, dass die entsprechende Schädigung der Pflanzen auf der Abdrift des Mittels Malibu beruhe (S. 18 des Gutachtens vom 04.06.2014). Ausgehend von der Grundstückslage und der Windrichtung, die der Sachverständige P auf der Grundlage ihm übermittelter und auf 1,0 m über Boden heruntergerechneter Windgeschwindigkeiten (S. 14-17 des Gutachtens vom 04.06.2014) für den 24.10.2013 ermittelt hat, kann eine Windgeschwindigkeit von 1,4 m/sec. in der Zeit von 7:00 Uhr bis 18:20 Uhr (S. 18 des Gutachtens) bzw. bis 18:00 Uhr (S. 17 des Gutachtens) und – eingeschränkt – auch für die Zeit danach geherrscht haben. Damit aber könnte die Abdrift von der nordwestlich gelegenen Fläche ausgegangen und auf die Fläche des Klägers getroffen sein (S. 18 des Gutachtens vom 04.06.2014). Insofern hat der Sachverständige P angesichts der herrschenden Windgeschwindigkeiten und der Bodenproben Abdrift angenommen. Indes hat der Sachverständige P in seiner landgerichtlichen Einvernahme (Bl. 137-R f. d.A.) ausgeführt, dass er Thermik als Ursache für die Kontamination grundsätzlich nicht ausschließen könne und in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 01.02.2016 (Bl. 145 d.A.) festgestellt, dass aufgrund eines Wetterrückblicks für Oktober 2013 teilweise frühlingshaftes Wetter geherrscht habe, so dass angesichts der herrschenden hohen Temperaturen im Oktober 2013 Thermik als schadenbringende Ursache höchstwahrscheinlich gewesen sei, was er in seiner Einvernahme vor dem Senat zwar deutlich relativiert, aber gleichwohl als Ursache nicht ausgeschlossen hat.
218

(b)
219

Der Sachverständige T hat sogar gemeint, dass der Rückstandswert von 0,015 mg/kg deutlich unterhalb des Rückstandspotenzials liege, welches bei regelkonformer Anwendung hätte entstehen können (S. 24 des Gutachtens vom 21.09.2018).
220

(c)
221

Der Sachverständige U hat ein direktes Besprühen durch den Beklagten zu 2) ausgeschlossen, da dann, wenn der Beklagte zu 2) mit der Spritze über das Feld des Klägers gefahren wäre, dies in den Bodenproben feststellbar gewesen wäre, was indes gerade nicht der Fall war.
222

Darüber hinaus hat der Sachverständige U festgestellt, dass keine gesicherte Aussage möglich sei, ob der Wirkstoff durch eine Verdriftung während der Applikation des Beklagten zu 2) oder durch eine thermische Verflüchtigung bzw. Verlagerung vom Feld des Beklagten zu 2) oder auch aus dem Umkreis von bis zu 1.000 m auf das Feld des Klägers gelangt sei. Ausgehend von der seitens des Sachverständigen P gezogenen Pflanzenprobe (S 64 P, E, westlicher Rand) und dem festgestellten Wert von 0,015 mg/kg ist der Sachverständige U anhand der Halbwertzeit von 90 Tagen zwar davon ausgegangen, dass die Konzentration um etwa die Hälfte bis zur Erprobung abgenommen habe, so dass erfahrungsgemäß der ursprüngliche Wert der Kontamination bei 0,030 mg/kg gelegen habe, so dass eine derartige Konzentration erfahrungsgemäß eher auf direkte Verdriftung schließen lasse (S. 46/47 des Gutachtens vom 31.12.2020). Beachtlich sei auch, dass das Feld des Beklagten zu 2) direkt neben dem Feld des Klägers liege, was darauf deute, dass eine Abdrift vom Feld des Beklagten zu 2) auf das Feld des Klägers möglich sein könne.
223

Allerdings hat der Sachverständige U bei seiner Einvernahme vor dem Senat ausgeführt, dass er diesbezüglich keine sichere Feststellung treffen könne, da 0,030 mg/kg ein Wert sei, der zwar auf eine Abdrift hinweisen „könnte“, andererseits aber eine gewisse Schwierigkeit bestehe eine direkte Abdrift vom Grundstück des Beklagten zu 2) festzustellen, da der zurückgerechnete Wert von 0,030 mg/kg eher im unteren Bereich angesiedelt sei und sich auch durch einen Ferntransport erklären lasse. Überdies hat der Sachverständige U in seiner Einvernahme vor dem Senat auf der Grundlage der Anlage BER K8 (Bl. 533 d.A.) und der Anlage BER K9 (Bl. 534-535 d.A.) ausgeführt, dass aufgrund des Umstandes, dass lediglich ein Messwert vorliege, keine Aussage getroffen werden könne, wo der Wirkstoff herkomme. Insofern sei auch denkbar, dass der Wirkstoff von dem weiter entfernten Feld „konv. 11“ stammen könne, insbesondere wenn die dort eingesetzten Düsen derart kleine Tropfen verursacht hätten, die mehr als die im Schaubild (Übersicht 1, S. 16 des Gutachtens) angegebenen 125 m zurückgelegt hätten und auf das Feld des Klägers gelangt wären.
224

(3)
225

Auch ein Anscheinsbeweis zugunsten des Klägers dahingehend, dass der Wirkstoff Pendimethalin vom Grundstück des Beklagten zu 2) auf sei Feld eingewirkt hätte, kommt nicht in Betracht.
226

Der Anscheinsbeweis wird herangezogen, wenn im Einzelfall ein „typischer“ Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Ursache oder Folge hinweist und derart gewöhnlich und üblich erscheint, dass die besonderen individuellen Umstände an Bedeutung verlieren (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – KZR 26/17 – zitiert nach juris). Danach erlauben bereits feststehende Tatsachen in Verbindung mit einem solchen Erfahrungssatz den Schluss auf die eigentlich zu beweisende Tatsache, etwa auf eine bestimmte Ursache für ein Ereignis oder auf den Eintritt eines bestimmten Erfolgs (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – KZR 26/17 – zitiert nach juris). Für die Beweisführung genügt unter solchen Umständen die Feststellung der Tatsachen, an die der Erfahrungssatz anknüpft (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – KZR 26/17 – zitiert nach juris). Es ist dann Sache des Gegners, Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, die ausnahmsweise einen anderen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lassen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – KZR 26/17 – zitiert nach juris). Der Anscheinsbeweis unterscheidet sich mithin von Feststellungen nach allgemeinen Beweisregeln gerade dadurch, dass der konkrete Geschehensablauf nicht festgestellt zu werden braucht, weil von einem typischen, durch die Lebenserfahrung bestätigten gleichförmigen Hergang ausgegangen werden kann, solange das Geschehen keine Umstände aufweist, die es ernsthaft als möglich erscheinen lassen, dass ein atypischer Geschehensablauf vorlag (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2018 – KZR 26/17 – zitiert nach juris).
227

(a)
228

Allein der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Ausbringung auf dem Feld des Beklagten zu 2) genügt nicht, um einen hierauf gegründeten Anscheinsbeweis anzunehmen. Es gibt keinen typisierten Geschehensablauf, wonach eine Herbizidbelastung auf dem einen Feld im Regelfall – also typisiert – durch die Ausbringung auf dem Nachbarfeld bedingt worden ist.
229

(b)
230

Zu Gunsten des Klägers kann auch kein Anscheinsbeweis wegen des Verstoßes des Beklagten zu 2) gegen die Grundsätze der guten fachlichen Praxis angenommen werden.
231

(aa)
232

Zwar steht auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Beklagte zu 2) gegen die Grundsätze der guten fachlichen Praxis verstoßen hat.
233

Obgleich der Spritzdruck in der Auskunft vom 06.11.2013 (Anlage K7) nicht vermerkt ist, hat der Sachverständige U ausgehend von der vom Beklagten zu 2) tatsächlich verwandten Düsengröße (Agrotop Air-Mix 110-03) festgestellt, dass die Düsengröße im deutlich feineren Bereich liege und bei Drücken von ca. 3,6 bar bereits feinere Tropfen von etwa 250-350 μm erreicht würden, so dass sie ab einem Druck von 2,0 bar nicht mehr als abdriftmindernd eingestuft würden (S. 19 des Gutachtens vom 31.12.2020). Düsen der Größe 03 seien mithin aufgrund ihrer Eigenschaft nicht für den Einsatz in der Herbizid-Ausbringung mit pendimethalinhaltigen Pflanzenschutzmitteln im Getreide geeignet. Selbst der Hersteller empfehle Düsen der Größe 04 als Mindeststandard (S. 19 des Gutachtens vom ein 30.12.2020).
234

Damit aber hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass bereits aufgrund der eingesetzten Düsenart ein potentielles Risiko einer Abdrift ausgelöst worden war und der Beklagte zu 2) bereits aufgrund der tatsächlichen Düsenwahl nicht der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz entsprochen hatte. Der Beklagte zu 2) hätte entweder eine andere Düse -04 verwenden, einen mobilen Anemometer einsetzen oder sich mit dem Kläger hinsichtlich der Applikation absprechen müssen (S. 39 des Gutachtens vom 31.12.2020), was der Beklagte zu 2) unstreitig nicht getan hat. Zudem hat der Beklagte zu 2) mit seinen fehlenden Angaben zur tatsächlich eingesetzten Menge und zur Zielkultur die Vorgaben des Art. 67 EU VO 1107/2009 nicht beachtet (S. 40 des Gutachtens vom 31.12.2020).
235

(bb)
236

Die Annahme eines Anscheinsbeweis zugunsten des Klägers dahingehend, dass der Wirkstoff Pendimethalin vom Grundstück des Beklagten zu 2) auf sei Feld eingewirkt hätte, käme aber nur dann in Betracht, wenn neben dem feststehenden Verstoß gegen die gute fachliche Praxis eine Beteiligung eines Dritten an der Kontamination ausgeschlossen wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Wie indes ausgeführt, kann auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen eine derartige Beteiligung nicht ausgeschlossen werden, da eine Einwirkung vom Feld „konv. 11“ nach den Feststellungen des Sachverständigen möglich war. Dass der dieses Feld „konv. 11“ bewirtschaftende Landwirt Herr Y gerade kein Pendimethalin eingesetzt hätte, behauptet auch der Kläger nicht. Der Kläger hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat vorgetragen, dass Herr Y nach Rücksprache mit dem Bauernverband keine Angaben machen wolle. Damit aber kann schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nicht ausgeschlossen werden, dass auf dem Feld „konv. 11“ Pendimethalin eingesetzt worden ist. Es fehlt an der Vermutungsgrundlage für einen Anscheinsbeweis, weil eine Pendimethalinbelastung der hier ermittelten Konzentration typischerweise nicht nur vom direkten Nachbarfeld, sondern jedenfalls auch von Feldern der näheren Umgebung stammen kann.
237

(4)
238

Damit aber steht nicht der erforderlichen Sicherheit fest, dass eine wesentliche Beeinträchtigung vom durch den Beklagten zu 2) bewirtschafteten Feld D-Straße auf das Feld des Klägers E eingewirkt hat.
239

Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger seine Fläche bereits abgeerntet hatte als die Applikation erfolgte und in welchem Umfang noch auf dem Feld des Klägers stehender Blumenkohl und Wirsing überhaupt hätte kontaminiert werden können.
240

b)
241

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2) auch kein Anspruch in Höhe von 21.541,98 € in direkter Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu.
242

§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gewährt in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich bei einer zu duldenden wesentlichen Beeinträchtigung gemäß § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch, wenn die Beeinträchtigung für die ortsübliche Benutzung des Grundstücks des Klägers unzumutbar erscheint (vgl. Fritzsche, in: BeckOK BGB, Hau/Poseck, Stand: 01.08.2021, § 906 BGB Rn. 87). Indes steht nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit fest, dass der Wirkstoff Pendimethalin vom Grundstück des Beklagten zu 2) auf das Grundstück des Klägers eingewirkt hat, so dass ausdrücklich dahinstehen kann, ob dem Kläger die Kontamination durch Pflanzenschutzmittel zumutbar im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB wäre.
243

c)
244

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 2) auch kein Anspruch in Höhe von 21.541,98 € gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB bzw. 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 6 PflSchG zu.
245

Zwar liegt unstreitig eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB vor, weil jedenfalls der auf dem Feld des Klägers noch nicht abgeerntete Blumenkohl und Wirsing zwar nicht in seiner Sachsubstanz beeinträchtigt worden ist, wohl aber durch die Belastung mit Pendimethalin eine Einwirkung auf dessen Nutzungs- und Verkaufsfähigkeit erlitten hat, was jedenfalls in der Regel eine Eigentumsverletzung darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 1989 – VI ZR 350/88 – NJW 1990, 908; BGH, Urteil vom 25. Oktober 1988 – VI ZR 344/87 – NJW 1989, 707; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris; OLG Rostock, Urteil vom 20. Juli 2006 – 7 U 117/04 – NJW 2006, 3650).
246

Indes steht – wie bereits ausgeführt – nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass die Eigentumsverletzung auf eine Handlung des Beklagten zu 2) zurückzuführen ist, so dass die haftungsbegründende Kausalität zwischen dem Spritzvorgang und der Eigentumsverletzung nicht hinreichend sicher feststellbar ist.
247

7.
248

Mangels Bestehens eines Hauptanspruchs stehen dem Kläger der geltend gemachte Zinsanspruch auf die Hauptforderung, der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen und der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 6.663,80 € nebst Zinsen gegen den Beklagten zu 2) nicht zu.
249

8.
250

Hingegen steht dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung von 10.071,18 € gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog gegen den Beklagten zu 3) zu.
251

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass vom Grundstück des Beklagten zu 3) H eine Einwirkung auf das benachbarte Grundstück des Klägers G ausgegangen ist, diese Einwirkung wegen Verstoßes des Beklagten zu 3) gegen die gute fachliche Praxis rechtswidrig war und deshalb nicht geduldet zu werden brauchte, der Kläger gehindert war, diese Einwirkung zu unterbinden, und er dadurch Nachteile erlitten hat, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung überstiegen.
252

a)
253

Da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass der Kläger von der bevorstehenden Applikation des Mittels Malibu wusste oder wie er die Einwirkung auf sein Feld hätte verhindern können, konnte der Kläger die schädigende Einwirkung durch Herbizidabdrift nicht durch die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz abwenden, so dass die Anspruchsgrundlage entsprechend § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht subsidiär ist.
254

b)
255

Der Kläger bewirtschaftete die Fläche G, so dass er als Nutzer aktivlegitimiert ist.
256

Der Beklagte zu 3) ist passivlegitimiert. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass infolge Abdrift des seitens des Beklagten am 18.10.2013 neben dem Mittel Arelohn ausgebrachten Herbizids Malibu der Wirkstoff Pendimethalin auf das Feld des Klägers gelangt ist und dort eine den zulässigen Höchstwert von 0,01 mg/kg deutlich überschreitende Belastung mit dem Wirkstoff Pendimethalin verursacht hat.
257

aa)
258

Unstreitig hat der Beklagte zu 3) am 18.10.2013 auch das Herbizid Malibu, in dem unstreitig der Wirkstoff Pendimethalin enthalten ist, auf seinem Feld H ausgebracht. Auf dem Feld des Klägers G ist es – ebenfalls unstreitig – zu einer Einwirkung des Mittels Pendimethalin gekommen, was sich auch aus dem Prüfbericht vom 04.11.2013 (Anlage K12), wonach sich ein Gehalt an Pendimethalin von 0,019 mg/kg ergab, zwanglos ableiten lässt.
259

bb)
260

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass von dem Grundstück des Beklagten zu 3) H infolge des Ausbringens des Herbizids Malibu am 18.10.2013 durch direkte Abdrift der Wirkstoff Pendimethalin auf das Grundstück des Klägers G (Schlag 20a) gelangt ist, hierauf eingewirkt und die den zulässigen Höchstwert von 0,01 mg/kg überschreitende Belastung bewirkt hat.
261

Der Sachverständige U hat überzeugend festgestellt, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine direkte Verdriftung des Wirkstoffes während der der guten fachlichen Praxis widersprechenden Applikation durch den Beklagten zu 3) auf die Kultur des Klägers erfolgt sei; eine zusätzliche, eher geringfügige Kontamination durch thermische Verflüchtigung oder Verlagerung von Partikel vom Feld des Beklagten zu 3) aber auch eine thermische Verflüchtigung oder Verlagerung aus dem Umkreis von bis zu 1.000 m oder ein Ferntransport könne zwar nicht ausgeschlossen werden, sei aber untergeordneter Natur. Überdies steht nach den bereits dargestellten Feststellungen des Sachverständigen fest, dass eine eigene Ausbringung des Wirkstoffs Pendimethalin durch den Kläger ebenso ausgeschlossen ist, wie eine Ursprungskontamination der Setzlinge.
262

Der Senat folgt auch diesen überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen, die er im Senatstermin am 28.10.2021 vertiefend dargestellt hat.
263

(b)
264

Hinsichtlich des Feldes G hat der Sachverständige P Werte im Abstand von 5 m zum Feldrand in Höhe von 0,345 mg/kg und im Abstand von 15 m zum Feldrand in Höhe von 0,148 mg/kg ermittelt. Aufgrund dieser Pflanzenproben steht fest, dass durch die Applikation des Wirkstoffs auf dem Feld des Beklagten zu 3) Pendimethalin auf das Feld des Klägers durch direkte Abdrift gelangt ist. Der Sachverständige U hat auch hinsichtlich der auf dem Feld G genommenen Proben festgestellt, dass sie eine ausreichende Tatsachengrundlage darstellten, um eine entsprechende Bewertung vornehmen zu können, und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Kontamination des Feldes des Klägers auf eine direkte Abdrift von dem Feld des Beklagten zu 3) zurückzuführen ist. Der Umstand, dass die Konzentration mit zunehmendem Abstand vom Feldrand abnahm, spricht nach den Feststellungen des Sachverständigen eindeutig für eine direkte Verdriftung, zumal die Werte beim Beklagten zu 3) im Verhältnis zu den Werten hinsichtlich des Beklagen zu 1) noch deutlich erhöht waren und der Wert von 0,345 mg/kg extrem hoch ist.
265

Für ein – alternatives – Ausdampfen und einen damit verbundenen Ferntransport fehlt es nach den Feststellungen des Sachverständigen an zureichenden Anhaltspunkten. Die Applikation erfolgte am 18.10.2013. Wie bereits ausgeführt, ist davon auszugehen, dass Pendimethalin erst bei Temperaturen ab 20 °C nachweisbar zur Verflüchtigung neigt. Ausweislich der seitens des Sachverständigen U für belastbar erachteten Temperaturdaten der Wetterstation W herrschten am 22.10.2013 lediglich während 7 Stunden Temperaturen von 21,0 °C und am 26.10.2013 während 3 Stunden Temperaturen von 20,0 °C, so dass nur an diesen Tagen die potentielle Gefahr einer indirekten Verdriftung durch thermische Verflüchtigung bestanden haben könnte. Die Entstehung von Konzentrationen von 0,345 mg/kg bzw. 0,148 mg/kg ist indes nach den Feststellungen des Sachverständigen durch Verflüchtigung und Verfrachtung innerhalb dieser geringen Zeitintensität erst recht praktisch unmöglich. Soweit auch hinsichtlich des Grundstücks G eine temperaturbedingte Ausdampfung im Zeitraum vom 03. bis 07.09.2013 in Betracht kommen könnte, hat der Sachverständige überzeugend festgestellt, dass sich mindestens 140 Tage ergäben, die der Rückrechnung der Wirkstoffhöhe zugrunde zu legen seien. Wenn also der Wirkstoff von einem anderen Feld im Zeitraum vom 03.-07.09.2013 auf das Feld des Klägers gelangt wäre, hätten extrem hohe Werte vorhanden sein müssen, die ein Ferntransport nicht erklären könne, da dieser lediglich Konzentrationen im Bereich von Nanogramm pro Kubikmeter Luft mit sich bringe. Damit aber ist auch hinsichtlich des Feldes G ein Ferntransport auch für den Zeitraum vom 03. bis 07.09.2013 auszuschließen.
266

(c)
267

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht auch fest, dass der Wirkstoff Pendimethalin nicht von anderen umliegenden Feldern auf das Feld des Klägers G gelangt ist.
268

Der Sachverständige U hat unter Bezugnahme auf die Anlagen BER K10 (Bl. 536 d.A.) und BER K11 (Bl. 537 d.A.) überzeugend ausgeführt, dass aufgrund der gemessenen hohen Werte – in 5 m Entfernung 0,345 mg/kg und in 15 m Entfernung 0,148 mg/kg – der Wirkstoff Pendimethalin nicht vom Feld „konv. 6“ kommen konnte. Das Feld „konv. 6“ liegt in einer Entfernung von über 200 m und bei einer Ausdampfung sei der entsprechende Kurvenverlauf bei einer möglichen Aerosolwolke beachtlich. In der unmittelbaren Nähe hätten daher deutlich höhere Konzentrationen festgestellt werden müssen, die dann abgenommen und ähnliche Einheitswerte ergeben hätten. Deswegen sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass die entsprechende Belastung vom Feld des Beklagten zu 3) „konv. 1“ gekommen ist.
269

Soweit das Feld „konv. 5“ betroffen ist, hätte nach den Feststellungen des Sachverständigen das Feld G am Rande getroffen werden können, es hätte aber etwas in Richtung Osten nachweisbar sein müssen, was indes nicht der Fall ist.
270

c)
271

Die vom Feld des Beklagten zu 3) herrührende Beeinträchtigung ist auch wesentlich. Wie bereits hinsichtlich des Beklagten zu 1) ausgeführt, ergibt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung bereits daraus, dass bei einzelnen Pflanzen der Orientierungswert für die Beurteilung als Bio-Ware, für dessen sachwidrige Festlegung keine Anhaltspunkte bestehen, deutlich überschritten war und damit die angebauten Pflanzen insgesamt nicht mehr vermarktungsfähig waren.
272

d)
273

Den Kläger traf auch im Übrigen keine Duldungspflicht.
274

aa)
275

Eine Duldungspflicht besteht für den Kläger – wie bereits ausgeführt – nicht deswegen, weil die Ausbringung von Herbiziden ortsüblich wäre. Auch dem Beklagten zu 3) oblag es im Zeitpunkt der Applikation des Mittels – trotz seitens des Sachverständigen P festgestellter und seitens der Beklagten unwidersprochen behaupteter Ortsüblichkeit des Einsatzes des Mittels Pendimethalin – Maßnahmen zur Verhinderung von Beeinträchtigungen zu treffen, die ihm technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar waren (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1984 – VI ZR 223/82 – NJW 1985, 47).
276

bb)
277

Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht indes fest, dass der Beklagte keine ausreichenden und technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen zur Verhinderung der Abdrift ergriffen hat. Der Sachverständige U hat überzeugend festgestellt, dass der Beklagte zu 3) mit der Wahl der eingesetzten Düse gegen die gute fachliche Praxis verstoßen hat.
278

Der Sachverständige U hat zwar festgestellt, dass der Spritzdruck nicht vermerkt sei, so dass eine Bewertung der tatsächlich vorhandenen Situation nicht nachweisbar sei. Ausgehend von der tatsächlich eingesetzten Düsengröße (Agrotop Air-Mix 110-03) hat der Sachverständige aber überzeugend festgestellt, dass diese Düsengröße im deutlich feineren Bereich liege und bei Drücken von ca. 3,6 bar bereits feinere Tropfen von etwa 250-350 μm erreicht würden, so dass sie ab einem Druck von 2,0 bar nicht mehr als abdriftmindernd eingestuft würden (S. 19 des Gutachtens vom 31.12.2020). Düsen der Größe 03 seien mithin aufgrund ihrer Eigenschaft nicht für den Einsatz in der Herbizid-Ausbringung mit pendimethalinhaltigen Pflanzenschutzmitteln im Getreide geeignet und selbst der Hersteller empfehle Düsen der Größe 04 als Mindeststandard (S. 20 des Gutachtens vom ein 30.12.2020).
279

Bereits aufgrund der eingesetzten Düsenart sei ein potentielles Risiko einer Abdrift ausgelöst worden und die Konzentrationen von 0,354 mg/kg in 5 m Entfernung und 0,148 mg/kg in 15 m Entfernung in der Pflanzenprobe seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch eine Verdriftung während der Applikation entstanden. Die Abnahme der Konzentration in dieser Dimension auf relativ kurzer Distanz sei typisch für direkte Vedriftung während der Applikation (S. 20 des Gutachtens vom 31.12.2020). Durch die Verwendung auch einer im Jahre 2012 bereits verfügbaren 90 % abdriftmindernden Düsentechnik wäre eine Kontamination vermeidbar, jedenfalls aber reduzierbar gewesen (S. 20 des Gutachtens). Mithin habe (auch) der Beklagte zu 3) mit der tatsächlichen Düsenwahl nicht der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz entsprochen und er hätte entweder eine andere Düse -04 verwenden, einen mobilen Anemometer einsetzen oder sich mit dem Kläger hinsichtlich der Applikation absprechen müssen (S. 39 des Gutachtens vom 31.12.2020).
280

Soweit der Sachverständige T – dieser Feststellung widersprechend – festgestellt hat, dass die von den Beklagten durchgeführten Spritzvorgänge der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz im Zeitpunkt des Ausbringens entsprochen hätten, ist auch hier beachtlich, dass der Sachverständige T sich allgemein mit dem Ausbringen von Wirkstoffen befasst, sich aber nicht näher mit der vom Beklagten zu 3) eingesetzten Spritzdüse auseinandergesetzt und auch nicht weitere Überlegungen zur Vermeidung oder Minderung der Abdrift angestellt hat. Soweit die Beklagten auch insofern meinen, dass sich ein unsachgemäßes Spritzen nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lasse, verfängt dieser Einwand schon deswegen nicht, weil sie sich nicht ausreichend mit den Feststellungen des Sachverständigen U, auseinandersetzen. Der Sachverständige U hat klar festgestellt, dass der Beklagte zu 3) entweder eine andere Düse hätte wählen, einen mobilen Anemometer hätte einsetzen oder sich mit dem Kläger hinsichtlich der Applikation hätte absprechen müssen. Hiermit setzen sich die Beklagten nicht auseinander und ziehen damit die Feststellungen des Sachverständigen U nicht in Zweifel.
281

Der Beklagte zu 3) war entweder zur Wahl einer stärker abdriftmindernden Düse, zum Einsatz eines mobilen Anemometers oder zur Absprache mit dem Kläger verpflichtet. Auch er wusste, dass er ein Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Pendimethalin auf seinem Feld ausbrachte und dass Pendimethalin für die Pflanzen des Klägers nicht zugelassen war. Der Beklagte zu 3) war daher gehalten, eine Abdrift – da technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar – zu vermeiden. Vor dem Hintergrund, dass im Zeitpunkt der Applikation die Pflanzen visuell wahrnehmbar waren, so dass aus Sicht des Beklagten zu 3) diese Gemüsekulturen in unmittelbarer Nachbarschaft ein großes Risiko bei der Auswahl der Pflanzenschutzmittel darstellten, wäre der Beklagte zu 3) nach den Feststellungen des Sachverständigen zu diesen Maßnahmen verpflichtet gewesen. Sämtliche vom Sachverständigen für geboten erachteten Maßnahmen hat der Beklagte zu 3) indes unstreitig nicht ergriffen.
282

Dass dem Beklagten zu 3) die Auswahl einer anderen Düse nicht möglich oder unwirtschaftlich gewesen wäre, ist weder dargetan noch anderweit erkennbar. Der Beklagte zu 3) hat auch nicht vorgetragen, dass es für seine Ernte bei den vorherrschenden Windverhältnissen unerlässlich gewesen sei, das Pflanzenschutzmittel in dieser Weise auszubringen und keine anderen Wind- bzw. Wetterverhältnisse abzuwarten (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. August 2020 – 5 U 343/19 – zitiert nach juris). Insofern ist beachtlich, dass die Beklagten haben vortragen lassen, dass bis in den November hinein – unter der Voraussetzung, dass zwei Wochen kein Frost herrsche – hätte gespritzt werden können.
283

e)
284

Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich auch hier nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten, und beläuft sich auf 10.071,18 €.
285

aa)
286

Da die Vernichtung des Ernteertrages durch die zur Verkehrsunfähigkeit führende Kontaminierung der Pflanzen die Unzumutbarkeit der Beeinträchtigung begründet, kommt auch hier die Abschichtung eines zumutbaren, nicht zu entschädigenden Teils nicht in Betracht. Dem Beklagten zu 3) kommen auch keine Billigkeitserwägungen zugute. Ob ihm alternative Pflanzenschutzmittel zur Verfügung standen, kann ebenso dahinstehen wie die Frage, ob angesichts der Wetterverhältnisse eine Ausbringung des Herbizids möglich gewesen wäre, nachdem der Kläger sein Feld abgeerntet hätte. Denn nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen steht fest, dass die Wahl einer anderen Düse zu einer Abdriftminderung von 90 % geführt und damit die unzulässige Kontamination verhindert hätte.
287

bb)
288

Auf der Grundlage der auch insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen P in seinem Gutachten vom 04.06.2014 geht der Senat von einem Ertragsausfall in Höhe von 8.937,89 € aus. Der Sachverständige P ist von einer Anbaufläche von 0,65 ha ausgegangen und hat unter Berücksichtigung von insgesamt 40.625 Pflanzen angenommen, dass 60 % der Pflanzen, also 24.375 Stück, abgeerntet waren, und hat einen Verlust von 16.250 Pflanzen errechnet. Unter Berücksichtigung entsprechender Verluste bzw. Ausbeutung in Höhe von 20 %, mithin 3.250 Pflanzen, ist er von einer vermarktungsfähigen Stückzahl von 12.675 Pflanzen ausgegangen. Unter Berücksichtigung eines Verkaufserlöses von 0,637 €/Stück ergibt sich damit ein Nettoschadensbetrag in Höhe von 8.073,98 € und unter Berücksichtigung von 10,7 % Mehrwertsteuer ein Bruttoschadensbetrag in Höhe von 8.937,89 €.
289

cc)
290

Der Sachverständige P hat zudem einen Schaden in Form eines entgangenen Nutzens festgestellt.
291

(a)
292

Der Kläger beabsichtigte, in 2014 Winterdinkel anzubauen, was ihm aufgrund der festgestellten Belastung nicht möglich war und nach den Feststellungen des Sachverständigen P zu einem Ertrag von 4.500 kg/ha geführt hätte. Bei Ansatz von 700,00 €/t/ha hätte sich damit ein Ertrag von 3.150,00 € pro ha ergeben. Da vorliegend eine Fläche von 0,65 ha betroffen sind, ist mithin ein Ertrag von 2.047,50 € anzunehmen.
293

(b)
294

Der Sachverständige P hat sodann zwar ausgeführt, dass bei Anbau von Sommerdinkel ein Ertrag von 2500 kg/Hektar zu erwarten gewesen wäre, so dass bei Ansatz von 700,00 €/t/ha sich damit ein Ertrag von 1.750,00 € pro ha und damit ein Gesamtertrag von 1.137,50 € bei 0,65 ha ergeben hätte, so dass sich eine Differenz von 910,00 € netto (2.047,50 € abzgl. 1.137,50 €), mithin 1.007,37 € brutto ergäbe. Wie aber bereits ausgeführt, stand dem Kläger kein zertifizierter Sommerdinkel zur Verfügung. Dass dem Kläger alternativ andere Saaten als die von ihm angegebene Ackerbohne zur Verfügung gestanden hätten, ist weder anderweit erkennbar noch seitens der insoweit darlegungspflichtigen Beklagten dargetan. Der Senat schätzt daher den Schaden nach § 287 ZPO auf der Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen P und der Angaben des Klägers auf 1.133,29 € brutto. Auszugehen ist von den seitens des Sachverständigen P festgestellten Ertragswerten des Winterdinkels in Höhe von 2.047,50 €. Abzusetzen ist der Ertragswert der Ackerbohne von 2.250,00 €/ha netto, mithin bei 0,65 ha 1.023,75 € netto. Zuzüglich der Mehrwertsteuer von 10,7 % (109,54 €) ergibt sich damit ein Gesamtbetrag von 1.133,29 € brutto.
295

dd)
296

Die geltend gemachte Kostenpauschale von 25,00 € erachtet der Senat auch hier ohne näheren substantiierten Vortrag für nicht ersatzfähig. Es ergibt sich damit ein ersatzfähiger Gesamtschadensbetrag von 10.071,18 €.
297

f)
298

Ein anspruchsminderndes Mitverschulden des Klägers ist aus den beim Beklagten zu 1) dargelegten Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, nicht anzunehmen.
299

9.
300

Ob daneben noch ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 3) aus § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Organisationspflichten oder aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 PflSchG besteht, kann dahinstehen, da sich auch insofern kein weitergehender Anspruch ergäbe.
301

11.
302

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 10.071,18 € gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 17.12.2014 zu, da die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 3) am 16.12.2014 erfolgte. Dass der Kläger den Beklagten zu 3) ebenso wie die Beklagten zu 1) und 2) jeweils mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 (Anlagen K4, K8) zuvor unter Fristsetzung erfolglos zur Zahlung aufgefordert hätte, ist nicht erkennbar.
303

12.
304

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von Anwaltskosten in Höhe von geltend gemachten 887,03 € gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Ausgerichtet an dem sich anhand der berechtigten Hauptforderung zu bemessenden Gegenstandwert von 10.071,18 € ergibt sich eine Verfahrensgebühr in Höhe von 865,80 € netto. Zuzüglich der Auslagenpauschale in Höhe von 20,00 € und der Umsatzsteuer in Höhe von 168,30 € ergibt sich jedenfalls der klageweise geltend gemachte Betrag.
305

Dem Kläger steht zudem ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 887,03 € seit dem 07.12.2013 gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 17.12.2014 zu, da die Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 3) am 16.12.2014 erfolgte.
306

13.
307

Dem Kläger steht zudem ein Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 3) auf Zahlung von Analysekosten in Höhe von jeweils 1.120,62 € nebst Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 17.12.2014 zu.
308

a)
309

Wie bereits ausgeführt, stehen dem Kläger dem Grunde nach gegen die Beklagten zu 1) und 3) jeweils Ansprüche analog § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu. Die aufgewandten Analysekosten gehören mit zu den ersatzfähigen Folgekosten der Einwirkung (vgl. OLG Köln, Urt. vom 15. März 2021 – 5 U 100/20 – ZfBR 2021, 552; Fritzsche, in: BeckOK BGB, Hau/Poseck, Stand: 01.08.2021, § 906 BGB Rn. 89).
310

b)
311

Indes sind geltend gemachten Analysekosten nicht in voller Höhe ersatzfähig.
312

aa)
313

Nach der Rechnung der IMO GmbH vom 14.02.2014 (Anlage K 10) zahlte der Kläger zur Abklärung eines Befundes von Terbutylazin und DDT in Bodenproben weitere 60,69 € brutto. Dass die Beklagten zu 1) und 3) in irgendeiner Form für die Ausbringung von Terbutylazin und DDT verantwortlich wären, ist indes nicht erkennbar, so dass es sich insoweit auch nicht um ersatzfähige Folgekosten der Einwirkung mittels Pendimethalin handeln kann.
314

bb)
315

Die O Marktgenossenschaft stellte dem Kläger mit Rechnung vom 30.11.2013 (Anlage K 10) wegen „Verluste aus Schadensfällen“ einen Betrag in Höhe von 1.000,00 € in Rechnung. Inwiefern dieser angesetzte Betrag, der für nicht versicherungsgedeckte Schadensfälle angesetzt zu sein scheint, auf die Einwirkung der Beklagten zu 1) und 3) zurückzuführen sein könnte, ist nicht erkennbar. Entsprechenden Vortrag hat der Kläger auch nach entsprechendem Hinweis in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht gehalten.
316

cc)
317

Lediglich soweit ausweislich der Rechnung der IMO GmbH vom 09.12.2013, Rechnungs-Nr. 013/104023 (Anlage K 10) der Kläger für 21,75 Arbeitsstunden, Laborkosten, 5 Inspektionsstunden und einer Anfahrtspauschale zur Aufklärung der Rückstände an Staudensellerie und Grünkohl insgesamt 3.687,81 € brutto bezahlt hat, handelt es sich dem Grunde nach um ersatzfähige Folgekosten der Einwirkung. Indes ist beachtlich, dass diese Kosten sich auch auf die zu den Flächen des Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 4) benachbarten Flächen I und K beziehen. Demgemäß war im Rahmen der nach § 287 ZPO gebotenen Schätzung beachtlich, dass neben den Flächen der Beklagten zu 1) und 3) B und H noch die Flächen des Beklagten zu 3) J und D-Str. des Beklagten zu 2) und die zum Feld des Beklagten zu 4) benachbarte Fläche K nach dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen gehaltenen Vortrag des Klägers von den Analysekosten betroffen waren. Da nicht erkennbar ist, dass der Analyseaufwand für eine bestimmte Fläche oder bestimmte Flächen höher gewesen sein könnte, erachtet der Senat es nach § 287 ZPO als angemessen, jede Fläche in gleicher Weise bei der Kostenverteilung zu berücksichtigen, so dass auf die beiden Flächen der Beklagten zu 1) und 3) B und H jeweils ein Anteil von 737,56 € entfällt, so dass die Beklagten zu 1) und 3) zur Zahlung von jeweils 737,56 € verpflichtet sind, weil die Analysekosten dem Grunde nach mit zu den ersatzfähigen Folgekosten der Einwirkung nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB gehören, mithin der Sache nach insoweit auf dieselbe Rechtsfolge gerichtet sind (vgl. KG Berlin, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 22 U 226/09 – zitiert nach juris).
318

dd)
319

Gleiches gilt sinngemäß für die auf die Rechnung der N GmbH vom 03.02.2014 (Anlage K 10) erfolgte Zahlung in Höhe von 1.915,30 € brutto. Hiernach ergibt sich ein anteiliger Betrag von jeweils 383,06 €.
320

c)
321

Dem Kläger steht zudem gegen die Beklagten zu 1) und 3) jeweils ein Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.120,62 € gemäß den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB entsprechend § 187 Abs. 1 BGB ab dem 17.12.2014 zu, da die Zustellung der Klageschrift an die Beklagten zu 1) und zu 3) jeweils am 16.12.2014 erfolgte.
322

III.
323

Das nicht nachgelassene Vorbringen der Beklagten zu 1) bis 3) in dem anwaltlichen Schriftsatz vom 15.11.2021 gibt dem Senat zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 Abs. 1 ZPO keinen Anlass. Die Voraussetzungen, unter denen sie nach § 156 Abs. 2 ZPO zwingend wieder zu eröffnen ist, liegen im Streitfall nicht vor. Insbesondere hat der Senat weder seine Hinweis- und Aufklärungspflicht noch den Anspruch der Beklagten zu 1) bis 3) auf rechtliches Gehör verletzt (§ 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
324

Die Sach- und Rechtslage ist im Termin der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz umfassend erörtert worden. Dabei haben sich keine entscheidungserheblichen Gesichtspunkte ergeben, die nicht bereits zuvor im angefochtenen Urteil oder in den anwaltlichen Schriftsätzen der Parteien angesprochen worden sind. Soweit die Beklagten zu 1) bis 3) darauf verweisen, dass die vom Sachverständigen genannten Veröffentlichungen einer neue Anwendungsverordnung oder jedenfalls die Problematik behandelnde Beiträge in Fachzeitschriften im Jahr 2013 überhaupt nicht bestanden hätten, kommt es hierauf überhaupt nicht an, da die Beklagten zu 1) und 3) nach den gemäß dem Pflanzenschutzgesetz erstellten und im Bundesanzeiger Nr. 76a vom 21.05.2010 bekannt gegebenen „Grundsätzen für die Durchführung der guten fachlichen Praxis im Pflanzenschutz“ eine gründliche Auswahl zum Einsatz eines jeden Pflanzenschutzmittels treffen und die Risiken einer Anwendung abschätzen und minimieren mussten. Für § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog reicht überdies nicht nur ein Verstoß gegen die gute fachliche Praxis, sondern auch ein Unterlassen objektiv möglicher und gebotener Sicherheitsvorkehrungen, die dem Herbizidverwender objektiv zumutbar sind.
325

Deshalb war den Beklagten zu 1) bis 3) auch kein Schriftsatznachlass mehr zu gewähren. Aus den §§ 525 Satz 1, 138 ZPO folgt auch nicht die Verpflichtung des Gerichts, den Parteien bereits terminsvorbereitend anzukündigen, welche Entscheidung es voraussichtlich in der Sache treffen wird (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 23. August 2006 – 3 U 164/05 – zitiert nach juris). Sind – wie hier – alle relevanten Sach- und Rechtsfragen erörtert worden, müssen beide Seiten damit rechnen, dass der Senat auf dieser Grundlage zu einem anderen Ergebnis gelangt als die Eingangsinstanz.
326

IV.
327

Die Kostenentscheidung folgt aus § 100 Abs. 1 i. V. mit §§ 91 ff. ZPO analog (Baumbach’sche Kostenformel). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
328

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen. Das Urteil hat keine über den Einzelfall hinausgehende, grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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